Nationalratswahlen 2019: Wo stehen die Parteien punkto Familie?

Jeder entscheidet vor seinem Gewissen, wen er oder sie ins Parlament entsenden will. Der folgende Artikel gibt jedoch einen Überblick, wo die Parteien in zentralen Fragen stehen.

Am 20. Oktober finden Nationsratswahlen und in gewissen Kantonen auch Ständeratswahlen statt. Damit legen wir fest, wer uns die nächsten vier Jahre im Parlament vertritt. Parlamentarier sind wichtig und haben grossen Einfluss auf die Entwicklung und die Gesetze unseres Landes.

Unsere Forderungen

Unsere Arbeitsgruppe «Jugend und Familie» setzt sich ein für Ehe und Familie, gegen Abtreibung und Euthanasie und für die tragenden christlichen Werte in Schule, Staat und Gesellschaft. Ein grosser Teil der Anforderungen, die wir an Nationalratskandidaten stellen, ist damit definiert. So können wir beispielsweise keine Wahlkandidatinnen und -kandidaten unterstützen, welche die Fristenlösung oder kommerzielle Suizidbeihilfe (Exit, Dignitas) gutheissen.

Auch im Bereich Ehe und Familie wird es schwierig. Ein Beispiel ist die CVP. Die Christlichdemokratische Volkspartei – mit dem «C» im Namen – setzt sich zwar eifrig für die Beseitigung der sog. Heiratsstrafe ein. Dies ist wichtig und die steuerliche Benachteiligung von Ehepaaren gegenüber Konkubinatspaaren muss dringend korrigiert werden. Andererseits hat ausgerechnet die CVP viele familienfeindliche Vorlagen unterstützt.

CVP für Genderismus-Konvention

Ein Beispiel bietet die sog. «Istanbul-Konvention» der UNO. Dabei handelt es sich um das erste internationale Abkommen, welches das Geschlecht im Sinne der Gender-Ideologie explizit als blosses soziales Konstrukt definiert. Am 27. Februar 2017 stimmten – mit einer einzigen Ausnahme (Isidor Baumann, UR) – sämtliche CVP-Ständeräte für einen Beitritt der Schweiz zu dieser verhängnisvollen Konvention. Und im Nationalrat war am 31. Mai 2017 gar die gesamte CVP-Fraktion geschlossen dafür. Die CVP gab damit den Ausschlag für den Beitritt.

CVP für Strafrechtserweiterung «sexuelle Orientierung»

Dasselbe gilt für die Ausdehnung der Antirassismus-Strafnorm (Art.261bis StGB) auf die «sexuelle Orientierung» (Initiative Reynard, SP/VS). Hier war ebenfalls die CVP entscheidend: In der Schlussabstimmung vom 14. Dezember 2018 stimmte die CVP-Nationalratsfraktion geschlossen für die Strafrechtsänderung. Anfangs 2019 mussten wir deshalb das Referendum ergreifen. Die Volksabstimmung steht noch bevor.

CVP für «Ehe für alle»

Ähnlich sieht es bei der «Ehe für alle» aus. Auch dort sympathisiert eine Mehrheit der CVP-Parlamentarierinnen und Parlamentarier für die von der Linken initiierte «Öffnung der Ehe». In der Vernehmlassung äusserte sich die Partei wie folgt: «Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Bevölkerung eine ‘Ehe für alle’ befürwortet, so auch in der CVP-Basis. Für eine Mehrheit der CVP soll darum die Gesetzgebung in diesem Bereich im Sinne einer Öffnung der Ehe angepasst werden. Die Öffnung der Ehe hat insbesondere Einfluss auf die Bürgerrechtsvoraussetzungen sowie den Zugang zum Adoptionsrecht. Eine Mehrheit der CVP bietet Hand für die Umsetzung der Anliegen der Kernvorlage.»

Selbst den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin für gleichgeschlechtliche Paare lehnt die CVP explizit nicht ab. Das Beispiel zeigt wunderschön, wie die sog. Wertepartei bei Bedarf beliebig Werte über Bord wirft und auf der Welle des Zeitgeistes schwimmt. 

EDU und EVP

Von den kleineren christlichen Parteien ist momentan nur die EVP im Parlament vertreten. Sie lehnt sich jedoch oft an den CVP-Schlingerkurs an – beispielsweise in der taktisch entscheidenden Abstimmung vom 3. Dezember 2018 zur Ausweitung von Art.261bis StGB («Schutz sexueller Orientierung»), als beide EVP-Nationalratsmitglieder für die Vorlage stimmten. Demgegenüber lehnt die EVP die «Ehe für alle» ab und will auch die Adoptionsbedingungen nicht öffnen. Das Parteiprogramm hält fest: «Die Ehe zwischen Mann und Frau bildet den Kern der Familie. Sie soll gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens privilegiert bleiben und geschützt werden.» Privilegien der Ehe sollen beibehalten, d.h. weder aufgehoben oder abgewertet, noch auf andere Verbindungen ausgedehnt werden. Dies hinderte allerdings EVP-Nationalrat Nick Gugger nicht, sich am 6. August 2019 im Schweizer Fernsehen vehement für die «Ehe für alle» einzusetzen.

Obwohl gegenwärtig nicht im nationalen Parlament vertreten zeichnet sich die Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU) durch einen geradlinigen Kurs aus, der klar auf einem christlichen Welt- und Menschenbild beruht. Es wäre schön, wenn die EDU wieder im Nationalrat vertreten wäre.

SVP: Für die traditionelle Familie

Betrachtet man die aufgeworfenen Themen (Istanbul-Konvention, Erweiterung Art.261bis StGB und «Ehe für alle») deckt sich das Stimmverhalten der gegenwärtigen SVP-Parlamentsmitglieder am ehesten mit dem weltanschaulichen Auftrag unserer Arbeitsgruppe «Jugend und Familie». So hat kein einziges SVP-Parlamentsmitglied für eine Ausweitung von Art.261bis StGB gestimmt. Bei der Schlussabstimmung zur «Istanbul-Konvention» stimmten 49 SVP-Mitglieder gegen einen Beitritt und nur zwei dafür. 

Klar gegen «Homo-Ehe»

Besonders deutlich wird die SVP in ihrer Stellungnahme zur «Ehe für alle». So schreibt die Partei: «Schlussendlich ist die Vorlage verfassungswidrig. Der in Artikel 14 BV (Grundrecht auf Ehe) verwendete verfassungsmässige Ehebegriff schränkt vorliegend den Gesetzgeber ein. Zuerst ist eine Verfassungsänderung erforderlich, bevor das Rechtsinstitut der Ehe für Personen gleichen Geschlechts geöffnet werden könnte. In diesem Licht ist ebenfalls der Titel der Vorlage «Ehe für alle» zu würdigen: Dieser ist offensichtlich irreführend. Gemeint ist weder eine Ehe für Unmündige, noch eine zwischen Geschwistern oder Vater und Tochter. Ebenso wenig sollen Polygamie oder Polyandrie zugelassen werden. Sondern zur Diskussion steht lediglich die Beziehung zwischen homosexuellen Frauen oder Männern. Es geht also genau genommen um das Rechtsinstitut der sog. «Homo-Ehe». Im Sinne der vorangehenden Erwägungen greift ein Überbieten der eingetragenen Lebenspartnerschaft zu einer Ehe im Kern in eine gewachsene Wirklichkeit bzw. in eine über Jahrhunderte gefestigte Wahrnehmung ein, welche sich in Artikel 14 BV wiederspiegelt.»

Grün-Sozialisten: Entzug der elterlichen Erziehungshoheit 

Bei den Liberalen und den Grün-Sozialisten ist die Situation fundamental anders. Sie erheben nicht den Anspruch, ein christliches Welt- und Menschenbild zu vertreten. Entsprechend existiert für Liberale und Sozialisten nur das Individuum und der Staat. Demgegenüber ist für uns als Christen weltanschaulich die Familie die Keimzelle des Staates.

Während Grüne und Sozialisten am liebsten den Eltern die Erziehungshoheit gleich ab Geburt ganz entziehen und in staatliche Hände legen würden («Politik der frühen Kindheit»), setzen die Liberalen mehr auf Eigenverantwortung. Zwar ist auch die FDP für einen Ausbau der Krippenfinanzierung, aber eher aus wirtschaftlichen, denn aus ideologischen Gründen (mehr berufstätige Mütter).

Liberale: Familie kein Thema

Während die Grünliberalen in gesellschaftspolitischen Fragen scharf links stehen, sind FDP-Parlamentarier oft unterschiedlich aufgestellt. So sind einerseits die Grünliberalen treibende Kraft hinter der «Ehe für alle». Umgekehrt waren einzelne FDP-Ständeräte (beispielsweise Caroni FDP/AR) pointiert gegen eine Ausweitung von 261bis StGB. Bei der «Istanbul-Konvention» war ebenfalls eine Mehrheit der FDP-Ständeräte gegen einen Beitritt.

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