Gender-Gesinnungskontrolle : Auf dem Weg ins Strafrecht

Im Parlament ist ein Vorstoss in Behandlung, kritische Äusserungen zu homosexuellen Praktiken und Lebensformen strafrechtlich zu erfassen. Auch Kritik an der Gender-Ideologie soll damit unterbunden werden.

Am 7. März 2013 reichte der Walliser SP-Nationalrat Mathias Reynard eine Parlamentarische Initiative mit dem Titel «Kampf gegen die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung» (13.407) ein. Er forderte darin eine Erweiterung von Art. 261bis StGB auf Angehörige einer «sexuellen Orientierung». So würde mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft, wer Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert. Aber auch wer «öffentlich Ideologien verbreitet», die auf die «systematische Herabsetzung der Angehörigen einer sexuellen Orientierung gerichtet sind», riskiert künftig Gefängnis. 

Die nationalrätliche Rechtskommission stimmte der Initiative im Februar 2014 zu, während jene des Ständerats sie am 3. Juli 2014 ablehnte. Vor dieser divergierenden Ausgangslage befasste sich im März 2015 das Nationalratsplenum mit der Vorlage. 

CVP entscheidend für Annahme

Interessant war das Verhalten der Parteien. So waren Grüne, Grünliberale und Sozialisten bis auf je einen Abweichler geschlossen für die Initiative. Bei der SVP gerade umgekehrt: Dort stimmten – mit einer Ausnahme – alle dagegen. Bei den Liberalen war immerhin eine Mehrheit (13 Stimmen) dagegen. Den Ausschlag für die Annahme gab typischerweise wieder einmal vermeintliche Wertepartei CVP. Dort stimmten nämlich 16 Parlamentarier für die Initiative Reynard und nur gerade 9 dagegen. Vor allem die CVP-Frauen waren geschlossen dafür. Bei moralisch-ethischen Themen zeigt sich leider regelmässig, dass die CVP – allen frommen Sprüchen ihres Präsidenten zum Trotz – im Schlepptau der Grünsozialisten segelt.

Öffnung in Richtung Genderismus
Die weitere Entwicklung war verhängnisvoll. Von Februar bis Mai 2017 befasste sich erneut die nationalrätliche Rechtskommission mit dem Thema und legte am 11. Mai 2017 einen Bericht mit einem Gesetzesvorschlag vor. Dabei beschloss sie mit 15 zu 9 Stimmen, nebst der «sexuellen Orientierung» neu auch die «sexuelle Identität» in Art. 261bis StGB aufzunehmen. So würde künftig mit Freiheitsentzug bis zu drei Jahren bestraft, wer «öffentlich Ideologien verbreitet» oder «Propagandaaktionen fördert», die auf die «systematische Herabsetzung» von Personen oder Personengruppen wegen deren «sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität» gerichtet sind.

Die Erweiterung hin zur «Geschlechtsidentität» bedeutet die Einführung des Gender-Begriffs im schweizerischen Strafrecht. Die Mitglieder der Rechtskommission waren sich dieser Tragweite bewusst. So hielt die Medienmitteilung vom 3. Februar explizit fest: «Die Kommission hat die Bundesverwaltung beauftragt, einen Entwurf zur Änderung des Strafgesetzbuchs auszuarbeiten, der nicht nur die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung, sondern auch aufgrund der sexuellen Identität unter Strafe stellt. Sie geht damit weiter als von der Initiative gefordert und setzt sich dafür ein, die internationalen Empfehlungen in diesem Bereich umzusetzen oder diesen sogar vorzugreifen.»

Genderismus-Kritik als Straftatbestand

Unter Art. 261bis StGB belangt werden könnte künftig jeder, der die Gender-Ideologie kritisch hinterfragt. In der Praxis dürfte ein kritisches Hinterfragen des Genderismus nämlich kaum zu unterscheiden sein von der «öffentlichen Verbreitung von Ideologien», die der «systematischen Herabsetzung» wegen «Geschlechtsidentität» dienen. Bereits die Forderung, dass Geschlechtsumwandlungen nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt werden sollen, könnte strafrechtlich relevant werden.

Unausgegorener Artikel 261bis StGB

Im Ansatz geht der umstrittene Artikel 261bis StGB davon aus, dass bestimmte menschliche Merkmale vorgegeben und genetisch bedingt sind. Dazu zählen etwa die Hautfarbe, Ethnie, oder das Geschlecht. Diese Aspekte des Menschseins entziehen sich einer moralischen Wertung. Es geht um die Würde des Menschen.

Auch körperliche und geistige Behinderungen fallen an sich in diese Kategorie. Zu Recht unternehmen wir grosse Anstrengungen, um behinderte Menschen zu integrieren und zu schützen. Leider werden jedoch ausgerechnet Behinderte von Art.261bis StGB nicht erfasst, was die Mängel der Bestimmung aufzeigt. Demgegenüber fallen frei wählbare Überzeugungen wie etwa die Religion in deren Schutzbereich. Dies ist Unsinn, denn der Artikel soll ja gerade jene Aspekte des Menschseins schützen, die nicht frei wählbar sind und sich einer moralischen Wertung entziehen.

«Sexuelle Orientierung» und «Geschlechtsidentität»

Auch die sexuelle Orientierung (Hetero-, Homo-, Bisexualität) wird heute gemeinhin als angeboren und unveränderlich angesehen. Ob dies tatsächlich so ist, ist allerdings wissenschaftlich umstritten. So werden gewisse sexuelle Orientierungen oder Präferenzen wie Inzest, Pädophilie, Nekrophilie (auf Leichen ausgerichtete Sexualpräferenz) oder Zoophilie (auf Tiere ausgerichtete Sexualpräferenz) gemäss ICD-10 als therapierbare Krankheiten eingestuft, während etwa Homosexualität und andere sexuelle Praktiken nicht mehr als Krankheiten gelten.

Völlig anderer Art ist demgegenüber die Frage der «Geschlechtsidentität» (Gender). Tatsächlich ist bei einer verschwindend kleinen Zahl von Menschen das Geschlecht nicht definierbar, weil sie gleichzeitig männliche und weibliche Geschlechtsorgane haben (Intersex oder Hermaphroditismus). Dass Personen mit einer solchen Behinderung geschützt werden müssen, versteht sich – wie bei jeder anderen Behinderung – von selbst. Bei sog. Transmenschen ist demgegenüber das biologische Geschlecht klar definiert. Sie fühlen sich in diesem jedoch fremd. Wie die Homosexualität gilt dies nicht mehr als krankhaft, was insofern logisch ist, als sich solche Personen – bis zur Geschlechtsumwandlung – oft homosexuell verhalten.

Geschlecht als soziales Konstrukt?

Die Ideologie des Genderismus geht nun davon aus, dass das Geschlecht ein soziales Konstrukt sei, das dem Individuum von der Gesellschaft aufgezwungen werde. Statt sich solchen Zwängen zu fügen könne jeder Mensch sein Geschlecht frei wählen. Hieraus wurde eine Vielfalt von «Geschlechtern» geschaffen. Am gebräuchlichsten sind die Abkürzungen LGBT (Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans) oder LGBTTIQ(Transsexuelle, Transgender, Intersexuelle und Queer). Beispielsweise bei Facebook stehen in den USA seit Februar 2014 58 Geschlechter rr�(q �jhr r@ rpt; widows: 2; orphans: 2;”> 

Allerdings werden dabei oft Aspekte der „sexuellen Orientierung“ mit der „Geschlechtsidentität“ vermischt. Korrekterweise geht es bei der „sexuellen Orientierung“, bzw. „Sexualpräferenz“ um bestimmte Sexualpraktiken (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Inzestuöse, Pädophile, Zoophile, usw.), während die „Geschlechtsidentität“ nach der biologisch-genetischen Identität eines Menschen (Männlich, Weiblich, Hermaphrodit, Pseudohermaphrodit, usw.) fragt.

Verwirrung um Art. 261bis 

Die in der Rechtskommission aufgeworfene Frage, wieso das Geschlecht in Art.261bis StGB keinen Niederschlag gefunden hat, ist berechtigt. Es ist nicht einzusehen, wieso die Zugehörigkeit zu einer Rasse, Ethnie oder Religion stärker geschützt wird, als die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht. Genauso unverständlich ist allerdings, wieso Behinderte nicht unter den Schutz von Art.261bis fallen, zumal sie sich Ihre Situation ja auch nicht selber aussuchen. Würden sie von Art. 261bis StGB erfasst, so würde dies automatisch auch den Schutz von Intersex-Behinderten und Transmenschen umfassen.

Völlig unsinnig ist demgegenüber das Vorhaben, Sexualpräferenzen wie Homosexualität unter verstärkten Strafrechtsschutz zu stellen. Die medizinische Beurteilung von Sexualpraktiken ist ständig im Fluss. Noch gelten gewisse Praktiken als krankhaft und werden teilweise strafrechtlich verfolgt – wie bis vor kurzem auch die Homosexualität. Es ist unklar, wo mit der vorgesehenen Formulierung die Grenze gezogen würde. Insgesamt würde der Antirassismus-Artikel damit noch viel diffuser.

Strafrechtliche Kontrolle der „Political Correctness“

So geht es denn primär um einen Schlag gegen die Meinungsäusserungsfreiheit. Unter dem „Kampf gegen die Homophobie“ soll einerseits der Genderismus Einzug ins Strafrecht finden. Wer sich künftig noch kritisch mit dem Genderismus auseinandersetzt, dürfte leicht «öffentlich Ideologien verbreiten» oder «Propagandaaktionen fördern», die auf die «systematische Herabsetzung» von Personen wegen deren«Geschlechtsidentität» hinauslaufen. Nach den vermeintlichen Rassisten sollen nun auch Kritiker der Gender-Ideologie mit der Strafrechtskeule mundtot gemacht werden. 

Zum anderen würde damit weitgehend verunmöglicht, gewisse sexuelle Praktiken und Lebensformen noch kritisch zu hinterfragen. Im Interesse der Meinungsfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft muss die Diskussion solcher Themen offen und frei von ideologischen Kontrollen bleiben. Hierzu gehören mitunter auch Äusserungen, die für gewisse Menschen umstritten, unangenehm oder störend wirken. Eine Drohung mit dem Strafrecht darf damit nicht verbunden sein.

Celsa Brunner

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