Familie unter Druck

Die Familie ist heute von verschiedenen Seiten her gefährdet. Einerseits wollen Staat und Wirtschaft die Mütter zur Erwerbstätigkeit nötigen. Andererseits wird der Familienbegriff ideologisch gezielt aufgeweicht.

Am 3. Mai führte das «Bundesamt für Statistik» zusammen mit dem Schweizerischen Nationalfonds in Bern eine Tagung zum Thema durch: «Familien in der Schweiz: Gefangen in traditionellen Formen?». Wer teilnahm bekam einen Nachmittag lang zu hören, wie schrecklich beengend und perspektivlos Familien «nach traditionellem Muster» doch seien. Zum Schluss gab auch noch die kinderlose linksliberale Politikerin Kathryn Bertschy (Grünliberale/BE) ihre Empfehlungen zum Thema «Familie». Bertschi ist Initiantin der parlamentarischen Initiative «Ehe für alle» und verlangt, dass alle rechtlich geregelten Lebensgemeinschaften für alle Paare geöffnet werden, ungeachtet ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung. 

Politische Stimmungsmache

Es ist unerklärlich, mit welcher Berechtigung ausgerechnet das Bundesamt für Statistik die Schweizer Öffentlichkeit über das korrekte Familienmodell aufklären soll. Noch schlimmer ist, dass unter dem Deckmantel dieses Bundesamtes und mit Hilfe des Nationalfonds Steuergelder dafür eingesetzt werden, das Terrain für die Initiative «Ehe für alle» vorzubereiten. Die Rechtskommission des Nationalrats muss nämlich bis im Sommer 2019 eine Vorlage zur Umsetzung ausarbeiten.

Doch ist die Politik nicht die einzige Front, an der unsere Familien unter Druck geraten. Enormen Schaden verursachen vor allem wirtschaftliche Zwänge. So werden Mütter aus Gründen der volkswirtschaftlichen Produktivitätssteigerung ganz gezielt genötigt, eine ausserhäusliche Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Besonders ärgerlich ist die Bevorzugung der familienexternen Kinderbetreuung, während Eltern, die ihre Kinder selber betreuen, leer ausgehen. 

Steuerliche Privilegierung der Fremdbetreuung

Gegenwärtig betragen die Steuerabzüge für die Fremdbetreuung 10‘100 Franken beim Bund, bzw. zwischen 3‘000 und 19‘200 Franken bei den Kantonen. Am 10. Mai hat der Bundesrat dem Parlament eine massive Erhöhung des Abzugs auf 25’000 Franken bei der direkten Bundessteuer beantragt. Damit sollen 2’500 Vollzeitstellen mit Müttern besetzt werden, die bisher nicht ausser Haus arbeiten. Andere sollen ihr Pensum von 40 oder 60% auf neu 80 oder 100% erhöhen. 

Und zudem noch Subventionierung

Nebst der steuerlichen Begünstigung wird die Fremdbetreuung auch noch massiv subventioniert. Seit 2003 gibt es die «Anstoss»finanzierung für Kindertagesstätten, Tagesschulen und Tagesfamilien. Diese wurde bereits zweimal verlängert. Das laufende Programm ist bis 31. Januar 2019 ­befristet und soll mit 130 Mio. Franken in eine weitere Runde. Die Sache liegt jetzt im Parlament. Die Bildungskommissionen sprachen sich bereits für eine Weiterführung aus. Die nationalrätliche Finanzkommission ist jedoch dagegen. Es seien bereits zwei Verlängerungen erfolgt und die Kosten pro Krippenplatz seien wegen der vielen staatlichen Vorgaben zu hoch, meinte die Kommission am 9. April. 

Steuerreform im Parlament

Ebenfalls steuerlich benachteiligt sind die verheirateten Eltern («Heiratsstrafe»). Im Unterschied zu den individuell besteuerten Konkubinatspaaren wird das Einkommen der Zweiverdiener-Ehepaare nämlich zusammengezählt und fällt bei den direkten Bundessteuern unter die Progression. Rund 650’000 Zweiverdiener-Ehepaare (von total 1,1 Mio. Erwerbspaaren) sind auf diese Weise gegenüber Konkubinatspaaren benachteiligt. Etwa 80’000 Ehepaare davon zahlen über 10% höhere Steuern als Konkubinatspaare. Die Zahlen sind also hoch. 

Am 21. März hat der Bundesrat dem Parlament nun eine Reform vorgeschlagen, welche diese Diskriminierungen beseitigen würde. Kern wäre die Einführung einer «Schattenrechnung» auf Basis der Individualbesteuerung: Ist die Schattenrr�(q �jhr r@ r. Die Betroffenen müssten ihre Steuererklärung wie bisher ausfüllen und die Schattenrechnung würde von Amtes wegen gemacht. 

Benachteiligung soll beseitigt werden

Besonders erfreulich ist, dass auch die Benachteiligung der Einverdiener-Eherpaare gegenüber Zweiverdiener-Ehepaaren korrigiert werden. Demnach würde bei den direkten Bundessteuern ein neuer Einverdiener-Abzug von 8’100 Franken eingeführt.

Die Steuerreform ergäbe Mindereinnahmen von 1,15 Mia. Franken pro Jahr, davon etwa 200 Millionen bei den Kantonen. Auch hier ist das Parlament am Zug. SP, FDP und Grüne wünschen einen Wechsel zur Individualbesteuerung, während CVP und SVP die Familie als Steuergemeinschaft erhalten möchten. 

Hauptproblem: Prämien und Gebühren

Ein noch grösseres Problem sind für viele Familien Gebühren und Prämien – vor allem die Krankenversicherung.

In den letzten 10 Jahren stieg die Standardprämie (Erwachsene ab 26 Jahren; Franchise 300 Franken; Unfalldeckung) durchschnittlich jedes Jahr um 3,7%. 2018 waren es – mit kantonalen Unterschieden – gar 4%. Die geringste Mehrbelastung lag im Kt. Schwyz (1,6%), die höchste im Kt. Waadt (6,4%). Besonders dramatisch sind die Prämiensteigerungen für Kinder. Dieses Jahr waren es 5%, im Vorjahr gar 6,6%. Zwar müssen die Kassen tiefere Kinderprämien festsetzen, aber die Höhe des Rabatts ist nicht vorgeschrieben. 

Sinnvolle Prämienverbilligungen

Familien müssen deshalb immer mehr ihres Budgets für Krankenkassenprämien aufwenden. Als Korrektiv gibt es die sog. Prämienverbilligung, die teils vom Bund, teils vom Wohnsitzkanton erbracht wird. 2014 erhielt rund ein Viertel aller Versicherten (2,2 Mio. Personen) solche Zuschüsse. Dabei handelt es sich um einkommensabhängige Leistungen, die Sinn machen. Im Unterschied zu Giesskannenausschüttungen (wie Kinderzulagen) gehen sie nämlich an jene, die es wirklich nötig haben, und nicht an die Millionäre.

Eigentlich müsste mit den ständig steigenden Krankenkassenprämien auch die Bezügerquote der Prämienverbilligungen wachsen, weil immer mehr Familien darauf angewiesen sind. Dem ist aber nicht so: 2010 lag die Quote noch bei 30% – heute sind es nur noch 27%. Der Grund ist, dass viele Kantone ihren Anteil reduzieren. 

Kantone reduzieren auf Kosten der Familien

Der Bund ist seit 2008 zur Prämienverbilligung verpflichtet und übernimmt fix 7,5% der Bruttokosten der obligatorischen Krankenversicherung. Das Geld wird proportional zur Wohnbevölkerung verteilt. Die Kantone demgegenüber können selber entscheiden, wie viel sie beisteuern – und sie reduzieren ihren Anteil ständig. 2010 gaben beide Seiten noch rund je 2 Mia. Franken aus. 2015 flossen aus Bern bereits 2,3 Mia. Franken, während die Kantone nur noch 1,7 Milliarden zahlten. 

Somit werden trotz Prämienanstieg immer weniger Prämienverbilligungen ausbezahlt. Ein Beispiel ist Luzern. Dort sank der Anteil der Unterstützten innert kurzem von einem Drittel auf einen Viertel. Mitte September mussten gar 8’000 Personen bereits bezogene Prämienverbilligungen zurückzahlen. Der Grund: Rückwirkend erhalten nur noch Personen mit weniger als 54’000 Franken Einkommen Subventionen – zuvor lag die Grenze noch bei 75’000 Franken.

Damit wird ein immer grösserer Anteil des Prämienwachstums an die Haushalte ausgelagert. Während die Bürokratien wachsen und sich der Staat immer neue Aufgaben zuschanzt, kommen kinderreiche Familien unter Druck. Auch schafft das System grosse Ungleichheiten: An gewissen Orten muss eine Familie nach Abzug der Verbilligungen 7% des verfügbaren Einkommens für die Prämien aufwerfen, an anderen sind es bis 17%.

Die Kantone haben Einfluss auf die Gesundheitskosten (Spitalplanung, Tariffestsetzung für Leistungserbringer). Es ist nicht einzusehen, wieso sie sich nicht gleich wie der Bund an der Prämienverbilligung beteiligen. 

Die vielen «kleinen» Ausgaben…

Schliesslich sind es auch viele kleine Ausgaben und Gebühren, die sich summieren und Familien unter Druck bringen. Ein Beispiel sind viele Nebenkosten (Eintritte, Exkursionen, Materialien, usw.) für die Schule. Das Bundesgericht hat nun letzten Dezember ein Urteil gefällt, wonach die Volksschule grundsätzlich unentgeltlich sein muss. Deshalb dürfen schweizweit praktisch keine Elternbeiträge für obligatorische Lager und Exkursionen mehr erhoben werden.

Auch wenn die Verbände der Schulleitenden sofort befürchteten, das Urteil gefährde Lager, Schulreisen oder Museumsbesuche, so ist dies doch richtig. Es geht nicht an, dass derartige Zwangsabgaben weiter auf die Familien abgewälzt werden. Vielleicht wäre etwas Selbstbeschränkung sinnvoll. Zudem kann man für Veranstaltungen auch Sponsoren finden oder die Gemeinde kann unterstützend eingreifen. 

Celsa Brunner

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