Alles gleich gültig – alles gleichgültig

Kürzlich ging das grünliberale Projekt einer «Ehe für alle» in die Vernehmlassung. Die traditionelle Familie als Baustein des Staates wird damit zugunsten eines individualistischen Ansatzes liquidiert.

Politik ist ein Geschäft des gezielten Lügens und Manipulierens. Als CVP-Bundesrätin Ruth Metzler 2002 das «Partnerschaftsgesetz» vorantrieb, da wurde uns hoch und heilig versprochen: Es sei völlig undenkbar, dass für gleichgeschlechtliche Paare je die Adoption zugelassen werde. Und als 2016 Homo-«Stiefkindaoption» beraten wurde, hiess es, es gehe ja nur um die leiblichen Kinder eines der Partner. Eine Fremdadoption für Homopaare komme überhaupt nicht in Frage.

Und gegenwärtig ist die «Ehe für alle» im Parlament. Da wird uns nun versichert: bloss die Homo-Fremdadoption solle zugelassen werden. Eizellenspende und Leihmutterschaft (womit sich Homopaare Kinder beschaffen könnten) blieben ganz sicher ausgeklammert. Es gelte lediglich, gleichgeschlechtlichen Paaren dieselben Rechte zu sichern, wie heterosexuellen Paaren.

Rasche «Ehe für alle»

Mit grosser Mehrheit (19 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung) sprach sich am 14. Februar die Rechtskommission des Nationalrats für eine rasche Umsetzung der parlamentarischen Initiative «Ehe für alle» (Pa.Iv.14.468) aus. Wie erwartet teilte sie das Geschäft im Sinne einer Salamitaktik in mehrere Etappen. Dabei werden die leichter durchzubringenden Teile vorgezogen, damit der schwierigere Rest anschliessend quasi automatisch übernommen werden muss. Bestehende eingetragene Partnerschaften sollen «unbürokratisch in eine Ehe umgewandelt werden».

Die Kernvorlage, welche zuerst umgesetzt werden soll, enthält die wichtigsten Elemente für eine «Ehe für alle». Dazu gehören insbesondere Bürgerrechtsfragen und der Zugang von Homopaaren zur Fremdadoption. Knapp abgelehnt (12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung) wurde (vorerst) die Samenspende, die heute heterosexuellen Ehepaaren offensteht. Eine Kommissionsmehrheit meinte, dass deren Zulassung eine Ungleichbehandlung von lesbischen und schwulen Paaren bringen würde. Vor allem aber befürchtet sie, dass die Kernvorlage mit der Samenspende für Lesbenpaare überladen würde und «ein politisches Risiko für die Öffnung der Ehe als Ganzes darstellen könnte» (Pressemitteilung). Damit gibt die Kommission ganz offen zu, dass sie ein taktisches Spiel betreibt und letztlich alles zulassen will – von der Samenspende für Lesben bis hin zur (gegenwärtig verbotenen) Eizellenspende und Leihmutterschaft für Schwulenpaare.

Umgehen der Verfassung

Besonders prägnant ist, wie die Rechtskommission das obligatorische Referendum umgehen will. Früher waren sich alle einig, dass es für die „Ehe für alle“ eine Verfassungsänderung brauche. Am 7. Juli 2016 gab jedoch das Bundesamt für Justiz (BJ) ein Gefälligkeitsgutachten ab, wonach dies nicht mehr nötig sei. Zwar kam das BJ ebenfalls zum Schluss, dass das in Artikel 14 BV verbriefte «Recht auf Ehe» Mann und Frau meint. Dies sei nicht explizit festgeschrieben, jedoch aufgrund der gesetzlichen und gerichtlichen Interpretationen eindeutig. Der Gesetzgeber habe aber die Kompetenz, im Gesetz ein weiteres Institut zu schaffen, das auch homosexuellen Paaren offenstehe. Eine Verfassungsänderung sei deshalb nicht nötig.

Terrain wird vorbereitet

Die wundersame Änderung der Rechtslage hat einen sehr realen Hintergrund: Bei der Volksabstimmung über eine Verfassungsänderung wäre – im Gegensatz zum Gesetzesreferendum – ein Ständemehr nötig. Die Befürworter der Homoehe fürchten, dass die Vorlage daran scheitern könnte. Deshalb kurzerhand das Umbiegen der Verfassung. Dass sich das Bundesamt für Justiz für solche Manöver zur Verfügung stellt, rüttelt schwer an der Glaubwürdigkeit des einst respektierten Amtes. Dies betrifft insbesondere die Tatsache, dass auch eine Variante der «Ehe für alle» mit Samenspende für Lesbenpaare in die Vernehmlassung geschickt wurde. Diese Variante tangiert eindeutig Verfassungsnormen (Fortpflanzungsmedizin).

Während die «Kernvorlage» in der Vernehmlassung ist, präparieren die Medien – inklusive Staatsfernsehen – die öffentliche Meinung. Das Terrain wird soweit vorbereitet, dass am Abstimmungssonntag eine negative Haltung zur «Ehe für alle» zwangsläufig als Homophobie interpretiert werden muss. Falls bis dahin der geänderte Art.261bis StGB in Kraft ist, könnten kritische Äusserungen auch strafrechtlich relevant werden.

Versagen der Kirchen

Selbst die Kirchen scheinen sich mit der «Ehe für alle» arrangiert zu haben. Reformierte Pfarrerrinnen meinen am Staatsfernsehen, es gehe nur um die Liebe (unter Erwachsenen) – ganz gleich zwischen wem. Die Bibel sei im historisch auszulegen und äussere sich nicht, wie eine Ehe auszusehen habe. Auch katholische Theologieprofessoren relativieren die traditionelle Ehe: Sie habe (lediglich) dem Schutz der Frau und der Sicherung der Nachkommenschaft gedient. Beides sei heute nicht mehr nötig: Gender-Ideologie und Fortpflanzungsmedizin machen es möglich. Klar: wer sein Geschlecht frei wählen kann, braucht logischerweise auch keinen (binären) Partner mehr, um Kinder zu haben.

Abkoppelung von der Schöpfungsordnung

Die natürliche Schöpfungsordnung zielt auf eine Verbindung von Mann und Frau, die auf die Zeugung von Kindern und die Weitergabe von Leben ausgerichtet ist. Bei der Frage der Scheidung beruft sich Jesus auf den Schöpfungsbericht: Mann und Frau sind geschaffen, um miteinander – sich ergänzend – in Gottes Auftrag auf der Erde zu leben und sie zu gestalten. Nur Frau und Mann können auf natürliche Weise, wenn sie sich vereinigen, Leben weitergeben.

Aus christlicher Sicht hat der Staat die Ehe als vorbestehende Ordnung zu schützen und zu regeln. Die Zivilehe (heute Voraussetzung einer kirchlichen Ehe) gibt es erst seit 1876. Vorher war die ehe Kirchensache. Theologen schliessen daraus, die staatliche «Ehe» sei heute von der Schöpfungsordnung abzukoppeln und individualistisch zu diversifizieren. Dies entspricht dem Zeitgeist, wo alles relativ, alles möglich, alles erlaubt, alles käuflich ist.

Der staatliche Schritt weg von der natürlichen Schöpfungsordnung zur Diversifizierung der Ehe lässt viele Fragen offen. Wieso nur Schwule und Lesben? Gibt es noch Grenzen? Wie steht es beispielsweise mit dem Geschlechtsverkehr und der «Liebe» zwischen Vater und (erwachsener) Tochter, zwischen Bruder und Schwester. Soll die «Ehe» auch für inzestuöse Beziehungen geöffnet werden? Wieso nicht auch für Polygamie in ihren verschiedenen Formen wie Polygynie (Vielweiberei) und Polyandrie (Vielmännerei) sowie der Polygynandrie (Gruppenehe).

Alles gleich gültig – alles gleichgültig

Im liberalen Verständnis gibt es aus ideologischen Gründen nur das Individuum und den Staat. Für uns Christen ist demgegenüber die Familie als Vereinigung von Vater und Mutter mit Kindern die Keimzelle des Staates. Wenn der Staat diese Basis verlässt, so wird dies zu einer weiteren Fragmentierung des Gemeinwesens führen. Die Gesellschaft wird damit zunehmend fragiler. Rolf Höneisen schrieb kürzlich sehr treffend im ideaSpektrum: «Alles gleich reden, macht gleichgültig». Recht hat er. Für uns als Christen stellt sich die Frage, wie wir uns in dieser Situation positionieren.

Celsa Brunner

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