Während der Nationalrat am 11. Juni die «Ehe für alle» behandelte, hiess der Ständerat zur selben Zeit erleichterte Geschlechtsänderungen gut. Hierfür reicht künftig eine blosse Erklärung auf dem Zivilstandsamt.
In der Schweiz werden jährlich rund 8 – 10 Kinder geboren, deren Geschlecht nicht eindeutig bestimmt ist. Diese Personen mit einer «Variante der Geschlechtsentwicklung» haben ein Geburtsgebrechen (Hermaphroditismus/Pseudohermaphroditismus), das sich – falls überhaupt – nur operativ beseitigen lässt. Durchschnittlich werden rund 30 Kindern pro Jahr medizinische Massnahmen wegen solcher Intersexualität von der IV vergütet. Zu Recht wird seit langem auf die schwierige Situation dieser Menschen aufmerksam gemacht.
Einfluss des Genderismus
Neuerdings wird nebst der medizinisch begründeten Intersexualität jedoch auch die sog. Transsexualität anvisiert. Sie liegt vor, wenn eine Person zwar objektiv klare physische Geschlechtsmerkmale hat, sich subjektiv aber «im falschen Körper geboren» fühlt (Transgender). Verschärft werden die Diskussionen durch die Genderismus-Ideologie, wonach das Geschlecht des Menschen allein sozial (und nicht biologisch) bestimmt und deshalb frei wählbar sei. Selbst Kinder werden an öffentlichen Schulen animiert, ihr Geschlecht zu hinterfragen. Die Krankenkassen wurden vom Bundesgericht verpflichtet, die Kosten für Geschlechtsumwandlungen zu übernehmen (BGE 120 V 463).
Nach einer Vernehmlassung im Herbst 2018 schlug der Bundesrat am 6. Dezember 2019 dem Parlament eine Revision des Zivilgesetzbuches und der Zivilstandverordnung vor (19.081: «Änderungen im Personenstandsregister»). Gemäss einem neuen Art. 30b) ZGB soll eine formlose Erklärung auf dem Zivilstandsamt reichen, um sein Geschlecht zu wechseln. Eine Geschlechtsänderung würde damit viel leichter möglich als etwa eine Namensänderung.
Subjektives Gefühl reicht
Hierfür muss die betreffende Person lediglich ohne weitere Begründung darlegen, innerlich der «festen und dauerhaften Überzeugung» zu sein, sein Geschlecht von Mann zu Frau oder umgekehrt wechseln zu wollen. Dabei dürfen keinerlei Vorbedingungen gemacht werden, wie Alter, Gesundheit, medizinische Behandlungen oder die Diagnose einer psychischen Erkrankung. Nicht einmal ein Arztzeugnis darf verlangt werden. Auch Minderjährigen stehen Geschlechtsänderungen offen – allerdings nur mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters oder (falls die Eltern dagegen sind) der Kesb. Eine bestehende Ehe wird von der Geschlechtsänderung nicht berührt.
Als Erstrat hiess nun der Ständerat am 11. Juni mit 31 zu 7 Stimmen bei 7 Enthaltungen die ZGB-Änderung gut. Ein entsprechender Vorentscheid war bereits in der ständerätlichen Rechtskommission einstimmig gefallen. Bis vor wenigen Jahren war die Änderung des Geschlechtseintrags bloss nach einer chirurgischen Sterilisation und einer operativen Geschlechtsumwandlung möglich. Mit der neuen formlosen Erklärung fällt man nun ins andere Extrem. Zivilstandbeamte befürchten Rechtsunsicherheiten und Missbräuche, etwa zur Vermeidung des Militärdienstes, Erschleichen einer Rentenberechtigung oder Vermeidung strafrechtlicher Verfolgung bei Sexualdelikten.