Schwerwiegende Einschränkung der elterlichen Erziehungsrechte

Mitte November hat das Bundesgericht einen weitreichenden Entscheid über Sexualunterricht an Kindergarten und Primarschule gefällt. Demnach soll ein „reaktiver“ Unterricht zulässig sein – was immer das heissen mag…In unserem Rundbrief vom September 2013 hatten wir zu einer Protestkartenaktion an das Basler Appellationsgericht aufgerufen. Dieses hatte entschieden, dass Sexualkundeunterricht auf Kindergartenstufe an den baselstädtischen Kindergärten und Primarschulen obligatorisch bleiben müsse. Zwei betroffene Elternpaare reichten daraufhin beim Bundesgericht Beschwerde ein. Das Bundesgericht hat diese nun am 15. November 2014 abgewiesen*. Die Argumentation des BundesgerichtsZwar anerkannte das Gericht, dass der umstrittene Unterricht in das Erziehungsrecht der Eltern eingreift und ihre Glaubens- und Gewissensfreiheit tangiert. Praktisch hält es dies aber für gerechtfertigt, sofern Sexualunterricht für Kindergärtler und Primarschüler nur reaktiv erfolgt. Gemeint ist damit, dass Lehrerinnen und Lehrerin bloss auf allfällige Fragen der Kinder reagieren dürfen – dies allerdings vor der ganzen Klasse. Zudem meint dass Bundesgericht, dass die Eingriffe in die Erziehungs- und Religionsfreiheit nicht als „schwer“ zu bewerten seien, da den Kindern – anders als beim Kopftuchverbot – kein bestimmtes Verhalten aufgezwungen werde. Vielmehr gehe es nur um ein «passives Erleben» des Unterrichts. Zum andern sei die Sexualkunde geeignet, die Kinder vor sexuellen Übergriffen zu schützen.„Reaktiver“ Unterricht als ScheinargumentVordefinierte Lernziele und «nur reaktiver» Unterricht widersprechen sich diametral. Fest steht: Ab der ersten Klasse ist unter dem Label „Recht des Kindes auf Sexualerziehung“ das Thema Geschlechtsverkehr vorgesehen. Klar: Die Lehrperson kann die richtige Frage abwarten (oder gezielt provozieren) und dann die bereitstehende Sexbox zücken, um mit den 11-Jährigen das Überstreifen eines Kondoms über die Banane zu üben oder um 13-Jährige in die vielfältige Welt der Sex-Spielzeuge einzuführen. Aber ist das dann noch reaktiv? Die Grenzen sind eben fliessend.Massagespiele als „passives Erleben“?Auch hinkt die Argumentation, dass die Eingriffe in die elterlichen Erziehungsrechte und die Religionsfreiheit – anders als beim Kopftuchverbot – nicht als schwer zu beurteilen seien, weil es nur um ein „passives Erleben“ des Unterrichts gehe und nicht ein bestimmtes Verhalten vorgeschrieben werde. Tatsächlich geht es nämlich keineswegs nur um ein „passives Erleben“. „Massagespiele“ beispielsweise sind integrierter Bestandteil der Basler Unterrichtsmaterialien. Die Intimzone wird bei den Massagespielen nicht explizit ausgeklammert, ergo ist sie mit integriert. Das Kind soll unterscheiden lernen zwischen angenehmen und unangenehmen Berührungen. Was, wenn es nun die Berührung in der Intimzone angenehm findet? Wenn ihm vermittelt wird, dass alles, was es angenehm findet, gut ist?Natürlicher Schutz des Kindes zerstört!Wenn die emotionale Intimität des Kindes in der Schule nicht respektiert und ihm die Zeit zur gesunden Sexualentwicklung genommen wird: Wie soll es dann lernen Nein zu sagen bei einem Übergriff? Mit den ganzen Massagespielen wird die Scham aufgebrochen und der natürliche Schutz des Kindes zerstört. Ein Beitrag zur Verhinderung sexueller Übergriffe wird damit keineswegs geleistet.Transfer der Erziehungshoheit an den StaatIm Kern geht es bei der ganzen Diskussion halt eben um etwas ganz anderes, nämlich um die Erziehungshoheit in moralischen Fragen: Unter dem Feigenblatt der „Prävention“ soll die Verantwortlichkeit für die Vermittlung von moralischen Werten vom Elternhaus zu Schule und Staat verschoben. Die Kinder sollen damit der elterlichen Erziehungshoheit entzogen und im Sinne des Gender Mainstreaming und der Political Correctness von öffentlichen Institutionen genormt werden. Von diesem ideologisch geprägten Prozess ist kein „Dispens“ möglich. Es ist bedauerlich, dass unser höchstes Gericht diese Haltung stützt.Noch schlimmer könnte es werden, falls die hängige Volksinitiative „Schutz vor Sexualisierung in Kindergarten und Primarschule“ in der Volksabstimmung abgelehnt werden sollte. Die taktisch leicht ungeschickt lancierte Initiative wäre dann – zusammen mit dem jetzt vorliegenden Bundesgerichtsentscheid – geradezu ein Steilpass für all jene Kräfte, die aus ideologischen Gründen auf eine möglichst frühe Sexualaufklärung an den öffentlichen Schulen drängen.* Der Entscheid kann eingesehen werden unter: www.servat.unibe.ch/dfr/bger/141115_2C_132-2014.html

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