Schutzinitiative zurückgezogen – wie weiter?

Mitte Juli wurde die Initiative «Schutz vor Sexualisierung in Kindergarten und Primarschule» zurückgezogen. Viele fragen sich: Was nun? Die „Elterninitiative Sexualerziehung“ bietet Eltern Tipps und Beratung.Am 15. Juli 2015 informierte das Komitee «Schutz vor Sexualisierung in Kindergarten und Primarschule», dass die Ende 2013 mit 110’000 Unterschriften eingereichte Verfassungsinitiative zurückgezogen werde. Genannt wurden verschiedene Gründe, etwa dass die breite Öffentlichkeit für das Thema des Sexualkundeunterrichts sensibilisiert sei und dass Bund und Kantone veranlasst wurden, sich mit der vom BAG propagierten Einführung von Sexualkundeunterricht ab Kindergarten zu befassen. Eine schleichende Einführung sei nun nicht mehr möglich.Wie geht es weiter?Tatsächlich war der Rückzug der Initiative wohl nicht unklug. Das Risiko einer Ablehung an der Urne war gross. Eine solche Niederlage wäre ein Steilpass für die Befürworter der Frühsexualisierung gewesen und hätte diesen zusätzliche Legitimation verschafft.
Wie geht es nun weiter? Was bedeutet dies für Eltern, welche die Initiative unterstützt haben, weil Ihnen eine kindgerechte schulische Sexualaufklärung am Herzen liegt? WHO-Standards zur Frühsexualisierung
Klar ist, dass der Kampf gegen die Sexualisierung unserer Kinder noch lange nicht gewonnen ist. Auch wenn „Gender“ aus dem Lehrplan 21 gestrichen wurde und in den ersten Jahren kein Sexualkundeunterricht zu finden ist: Die Organisation „Sexuelle Gesundheit Schweiz“ tut alles, um ihre Vorstellungen von Sexualaufklärung in die Lehrer-Ausbildung und Lehrmittel einfliessen zu lassen.
Ein Beispiel ist auch die im Mai 2015 lancierte „ Allianz für Sexualaufklärung“, der schon über 60 Schweizer Organisationen angehören. Deren Ziel ist es, die „WHO-Standards für Sexualaufklärung in Europa“ voranzutreiben. Basierend auf der These vom „Kind als sexuellem Wesen“ wollen die WHO-Standards sogar die frühkindliche Sexualität fördern. „Frühkindliche Masturbation“
Selbst bei Kleinkindern wird ein Sexualisierungsbedarf ausgemacht: „Kinder haben schon im frühen Alter sexuelle Gefühle. Zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr entdecken sie die körperlichen Unterschiede zwischen Mann und Frau. Während dieser Zeit beginnen Kinder, ihren eigenen Körper zu entdecken (frühkindliche Masturbation, Selbststimulation), und möchten vielleicht den Körper ihrer Freunde untersuchen (Doktorspiele). Kinder erfahren ihre Umgebung durch Ausprobieren, und Sexualität unterscheidet sich in dieser Hinsicht nicht von anderen Bereichen.“ (S.27)Hedonistisches Moralverständnis
Kinder hätten ein „Recht auf Information“: „Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf Sexualität als einem positiven Potenzial des Menschen und Quelle für Befriedigung und Genuss.“ (S.22) Sexuelle Freizügigkeit für alle, Masturbation, Zustimmung zu jeder sexuellen Orientierung… Es ist offensichtlich, auf welcher Weltanschauung die WHO Standards aufgebaut sind. „Tu, was Dir Spass macht, entdecke Dich selber, verschaffe Dir, wozu Du Lust hast… Hauptsache, alle sind einverstanden und ihr verhütet richtig!“ Das Elternrecht auf Erziehung wird dem „Kinderrecht auf Information“ (fragt sich nur, welche Information!) natürlich klar untergeordnet.Dass solche „Aufklärung“ nicht zielführend ist, liegt auf der Hand. Kinder sind nicht “sexuelle Wesen“, sondern – schlicht und einfach – Kinder! Der kindliche Sexualhormon-Spiegel ist bis zum Einsetzen der Pubertät sehr tief und gesunde Kinder distanzieren sich noch stark von sexuellen (Erwachsenen)Themen. Das ist normal und ein wichtiger Schutz. Und insbesondere Teenager sind von ihrer Reife her in der Regel noch nicht fähig, eine selbstbestimmte und selbstverantwortete Sexualität zu leben.
Leider werden diese Fakten weitgehend unterschlagen. Selbst namhafte Kritiker der übereifrigen „Sexualpädagogik der Vielfalt“, wie etwa der Schweizer Kinderarzt Remo Largo, finden kein Gehör. Macht es da überhaupt Sinn, sich dieser „Lawine“ entgegenzustellen? Unbedingt! Im Gespräch mit anderen Eltern, Lehrpersonen und Schulleitungen kann sehr viel erreicht werden.Engagierte Eltern gefragt!
An der Basis, wo der Sexualkundeunterricht tatsächlich stattfindet, können Mütter und Väter positiv einwirken. Die Umsetzung der Sexualpädagogik hängt in der Praxis stark von Schulleitungen und ausführenden Lehrpersonen ab. Und – Gott sei Dank – sind viele Lehrpersonen vernünftig denkende Menschen, denen es am Herzen liegt, dass ihre Schüler zu gesunden und beziehungsfähigen Menschen heranwachsen. Sie haben durchaus Verständnis für begründete Anliegen von Eltern betreffend die schulische Sexualaufklärung.Was Eltern tun können
Befassen Sie sich mit dem Thema Sexualerziehung und setzen Sie Ihre Überzeugungen im Familienalltag um. Wenn Lehrpersonen merken, dass Sie als Eltern sich auskennen, werden Ihre Bitten und Anregungen viel eher Gehör finden.
Fragen Sie freundlich bei der Kindergärtnerin oder Lehrperson Ihrer Kinder nach, was sie punkto Sexualkundeunterricht plant (ob etwas geplant ist?). Falls Sexualkundeinhalte auf dem Programm stehen, so kommunizieren Sie, dass Sie vorgängig informiert werden möchten. Am besten vereinbaren Sie einen Termin um frühzeitig zu hören, was sich die Lehrperson konkret vorstellt, und um in aller Ruhe Ihre Bedenken mitzuteilen.
Überlegen Sie sich, welche Punkte wichtig sind und formulieren Sie diese als konkrete Bitten. Nutzen Sie auch unbedingt die Gelegenheit, gute Bücher und Lehrmittel zu empfehlen und bringen Sie gleich Anschauungsmaterial mit. Leihen oder schenken Sie der Lehrperson ein geeignetes Bilderbuch oder Heft und weisen Sie auf hilfreiche Links hin. Entsprechende Tipps finden Sie unter www.elterninitiative-sexualerziehung.ch .Dispensation vom Sexualkundeunterricht?
Die Frage kann nur individuell und abhängig von den Unterrichtsinhalten und der Konstitution des Kindes beantwortet werden. Und natürlich davon, ob Kinder zu Hause so stark gemacht werden, einem gewissen Gegenwind standzuhalten.
Derzeit ist die Dispensation in den Kantonen unterschiedlich geregelt und auch künftig wird vom Ermessen der Lehrperson oder Schulleitung abhängen, wie sie gehandhabt wird.
Falls Sie nicht verantworten können, Ihr Kind am Sexualkundeunterricht teilnehmen zu lassen, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Entweder Sie setzen die Joker-Halbtage ein, an denen Ihr Kind nach Vorankündigung ohne Begründung freinehmen kann. Oder, Sie bitten die Lehrperson, dass Ihr Kind während der Sexualkunde-Lektionen in einem anderen Zimmer arbeiten darf. Bewilligen Lehrperson oder Schulleitung beides nicht, so können Sie sich unter Berufung auf das „Elternrecht auf Erziehung“ und die „Gewissensfreiheit“ an die kantonale Erziehungsdirektion wenden. Wer dies erwägt, sollte fachkundige Unterstützung beizuziehen.Prägen Sie Ihre Kinder, bevor andere es tun!
Entscheiden Sie sich hingegen dafür, Ihr Kind oder Ihren Teenager am Sexualkundeunterricht teilnehmen zu lassen, so sollte das Gehörte zu Hause mit dem betroffenen Kind besprochen oder in der Familie (je nach Alter der anderen Kinder!) thematisiert werden. Eltern sind, was ihre Kinder betrifft, Experten. Prägen Sie Ihre Kinder – bevor andere es tun!Regula Lehmann

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