Die verhängnisvolle Ideologie vom «autonomen» Menschen

Die Gesellschaft hat das Beten verlernt. Der «autonome» Mensch in seinen Büro- und Wohntürmen benötigt keinen Gott mehr. In seiner vermeintlichen Allmacht beherrscht er Umgebung und Natur und schreckt auch nicht davor zurück, diese schonungslos auszuplündern.

Unsere Nahrung ist nicht mehr eine «Gabe der Natur und Frucht der menschlichen Arbeit», sondern ein mit Emulgatoren hochgezüchtetes Ergebnis industrieller Produktion. Entscheidend ist nur noch der beste Preis im Supermarkt. Und den erreicht man oft, indem Tiere unter unwürdigsten Bedingungen hunderte von Kilometern quer über den Kontinent gekarrt werden – oder gar von Kontinent zu Kontinent. Manche gehen dabei auf traurigste Weise zugrunde.

Kinder als Kaufobjekt

Auch Kinder sind für diesen «autonomen» Menschen natürlich kein Geschenk Gottes mehr. Sie werden Bestellgegenstand, der von einer gekauften Leihmutter als billiger Inkubator ausgetragen wird. Künstliche Befruchtung und Gentechnologie ermöglichen spezifische Wünsche am bestellten Modell: Augenfarbe, Körpergrösse, Muskelumfang und IQ. Und als menschliches Ersatzteillager kann tiefgekühlt gleich noch ein Klon mitgeliefert werden.

Was technisch machbar ist, wird im Welt- und Menschenbild des «autonomen» Menschen auch gemacht. Naturrechtliche Grenzen gibt es keine mehr. Ethikkommissionen haben Gott ersetzt. Sie dienen als Feigenblatt, wenn sich irgendwo noch der letzte Rest eines schlechten Gewissens meldet. Und sie dienen als Entschuldigung für Taten und Entwicklungen, von denen eigentlich jeder weiss, dass sie böse und schlecht sind.

Klimareligion ohne Gott

Erstaunlicherweise wird die Gesellschaft von einer Welle des «Klimaschutzes» überrollt. Mit sofortigem netto Null soll die Erderwärmung durch CO2 aufgehalten werden. Bei vielen Menschen nimmt der innbrünstige Glaube an diese «Klimarettung» fast religiöse Züge an. Es handelt sich um eine Form der Selbsterlösung. Der autonome «umweltbewusste Mensch» rettet jetzt die Welt, die er selbst zuvor mit seiner Konsumgier ruiniert hat.

Als Christen sehen wir die Welt anders: Umwelt, Tiere und Menschen sind uns vom Schöpfer zum sorgsamen Umgang anvertraut. Die Welt um uns herum ist nicht einfach ein Selbstbedienungsladen, der in Gier nach Luxus und Konsum schamlos ausgebeutet werden kann. Diese uns aufgetragene Beschränkung gilt für die gesamte Schöpfung – insbesondere für den Umgang mit anderen Menschen: Unserem «Nächsten» sollen wir mit Vergebung und Liebe begegnen.

Schutz der Ungeborenen

In besonderer Weise gilt dies für den ungeborenen Menschen. Er ist unserer Willkür schutzlos ausgeliefert. Zwar ist überall von Menschenrechten die Rede, aber ab welchem Zeitpunkt beginnen diese Rechte? Die Fristen«lösung», die sich mittlerweile eingebürgert hat, ist keine «Lösung». Die Entwicklung des Menschen verläuft linear und ohne Bruchstelle, an der man erst sagen könnte: Ab diesem Zeitpunkt ist es ein Mensch.

Der Gedanke, den Entscheid über Leben und Tod des ungeborenen Kindes während den ersten Wochen willkürlich allein in die Hand der Frau zu legen, ist ungeheuerlich. Der oder die existenziell direkt betroffene Ungeborene hat dazu nichts zu sagen, hat keinen Anwalt. Besonders schwerwiegend sind die laufenden Bestrebungen im Parlament, die Abtreibung aus dem Strafrecht zu nehmen und in einem «Gesundheitsgesetz» unterzubringen. Die Tötung des ungeborenen Kindes ist nur in Ausnahmefällen eine Frage der Gesundheit der Mutter. Sie ist aber immer eine Frage von Leben und Tod für das ungeborene Kind.

Schliesslich könnte mir derselben Logik auch die Liquidierung eines Menschen verlangt werden, der im Laufe seines Lebens unheilbar erkrankt und seinen Nächsten (und der Krankenkasse) zur Last fällt. Hier kommt die Euthanasie ins Spiel – der sog. «Gnadentod». «Lebensunwertes» Leben soll nicht leben dürfen. Und was als «lebenwert» gilt, entscheidet sich nach den hedonistischen Kriterien der Konsum- und Luxusgesellschaft.

Übergriffiger Staat

Für uns Christen stellt sich die Frage, wie wir mit der verhängnisvollen Entwicklung umgehen. Als einzelne fühlen wir uns gegenüber dem Staat oft hilflos. Wir zahlen treuherzig unsere Steuern und stellen dann überrascht fest, dass diese Mittel von linken Seilschaften (Beispiel: BAG) schamlos für ideologische Zwecke eingesetzt werden, die unseren eigenen weltanschaulichen Vorstellungen diametral widersprechen.

So wirken der Staat und seine Bürokratie oft nicht als Wohlfahrtsstaat, sondern werden immer übergriffiger. Eingriffe ins Familienleben werden mit angeblicher Gewaltprävention (Frauen, Kinder) legitimiert. Dabei wird der Gewaltbegriff weit gefasst – etwa wenn die Weitergabe von Moralgrundsätzen an die eigenen Kinder als «psychische Gewalt» ausgelegt wird. Mit dem Beitritt zur Istanbul-Konvention der UNO wurde zudem die Grundlage für eine gesamtschweizerische Gender-Politik gelegt, die sich in verschiedensten Lebensbereichen niederzuschlagen beginnt.

Familie und Gemeinde als Schutzraum

Der Staat versucht mittlerweile immer offener, die Erziehungshoheit der Eltern unter seine Kontrolle zu bringen. Vieles hiervon geschieht schon heute via Schule und Kindergarten. Eine neue Dimension erreicht das Problem jedoch mit der – von Sozialdemokraten und Grünen vorangetriebenen – «Politik der frühen Kindheit». Unter dem Vorwand der «Chancengleichheit» sollen liberal-permissive Ideologien in die Familien hineintragen und verbindlich vorgeschrieben werden.

Angesichts dieser Entwicklung sind gesunde Familien ein unersetzlicher Schutzraum, um sich wehren können. Jedoch ist die einzelne Familie oft nicht stark genug, um dem Staat und der Bürokratie entgegenzutreten. Eine Vernetzung mit gleichgesinnten Christen ist deshalb unabdingbar.

Diese erfolgt in der Gemeinde und im Freundeskreis, wo wir miteinander beten, uns austauschen und ermutigen und uns – in Verfolgungssituationen – auch helfen können. Gerade in einem sittlich zerfallenden Umfeld ist die gegenseitige geistliche und praktische Stärkung unabdingbar.

Staat gegen Christen

Allerdings geraten zunehmend ganze christliche Gemeinschaften unter Druck. Solches liess sich kürzlich beim Genfer Taufverbot in öffentlichen Gewässern beobachten, das sich gegen die Freikirchen richtet. Das neue «Gesetz über die Laizität des Staates» schreibt vor, dass Anlässe mit «Kultcharakter» – Gottesdienste oder Taufen – nur noch ausnahmsweise an öffentlichen Orten stattfinden dürfen. Demgegenüber sind antichristliche oder atheistische Manifestationen überall erlaubt.

Auch der neuste Bericht der «Beobachtungsstelle für Intoleranz und Diskriminierung von Christen in Europa» (OIDAC) vom November 2022 zeigt auf, dass die Bedrängnis der Christen in ganz Europa wächst. Nebst Morden und körperlichen Angriffen nehmen vor allem negative Stereotypen zu. Getragen sind sie oft von Medien mit grosser Reichweite.

Vom Gebet getragen

All diese Erfahrungen dürfen uns jedoch nicht zermürben. Die Bibel ist voll von Zeugnissen der Verfolgung des Volkes Gottes. Gerade in solchen Zeiten erfüllt das Gebet eine Schlüsselfunktion. So empfiehlt uns Paulus im Kolosserbrief (4, 2-6): «Lasst nicht nach im Beten; seid dabei wachsam und dankbar! Betet auch für uns, damit Gott uns eine Tür öffnet für das Wort und wir vom Geheimnis Christi sprechen können, um dessentwillen ich im Gefängnis bin. Betet, damit ich es so kundtue, wie davon zu sprechen meine Pflicht ist! Seid weise im Umgang mit den Aussenstehenden, nutzt die Zeit! Euer Wort sei immer freundlich, doch mit Salz gewürzt, denn ihr müsst jedem in der rechten Weise antworten können.»

Celsa Brunner

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