Das Wohl unserer Kinder hat Priorität

Ein wichtiges Ziel unserer Arbeitsgruppe «Jugend und Familie» ist es, intakte Familien zu unterstützen. Nötig wäre es allerdings, dass sich auch der Staat mehr um die Familien kümmert, statt nur feministische Anliegen zu fördern.

Vieles läuft nicht mehr gut in der Schweiz, unserer lieben Heimat. Der Zerfall moralischer Werte wird immer offensichtlicher. Die Tageszeitungen und das Web überquellen mit Sex-Inseraten. Der Seitensprung sei für die Ehe «oft befreiend», erklärt der Zürcher Tages Anzeiger. 

Gleichzeitig berichten uns Hochglanz-Elternzeitschriften und Tageszeitungen in blumigsten Worten vom übergrossen Glück der Patchwork- und Regenbogenfamilien. Da finden sich ach so harmonisch geschiedene Väter und Mütter oder auch Mütter und Mütter oder Väter und Väter im perfekten Patchwork-Glück neu zusammen. Kinder aus verschiedensten Ehen ergänzen sich ideal – gewissermassen eine aus dem Märchen real gewordene Traumwelt.

Brutale Wirklichkeit

Die Wirklichkeit sieht leider anders aus. Trennungen und Scheidungen sind brutal und häufig ein Kampf ums letzte Besteck aus dem gemeinsamen Haushalt. Was da punkto Patchwork- und Regenbogenfamilien als Idealwelt dargestellt wird, beruht auf einer oft nicht nur traurigen, sondern geradezu verheerenden Vorgeschichte. 

12’809 unmündige Kinder erlebten 2019 gemäss Bundesamt für Statistik in der Schweiz eine Scheidung ihrer Eltern mit. 1’227 dieser Kinder waren noch nicht fünfjährig, 4’281 Kinder zwischen fünf und neun Jahre alt, 4’540 Kinder waren zwischen zehn und vierzehn und 2’761 zwischen fünfzehn und achtzehn Jahre alt. Bei fast der Hälfte aller Scheidungen war mindestens ein unmündiges Kind betroffen. Kaum jemand erahnt, wieviel Leid und Schmerz diese fast 13’000 Kinder dabei erlebt haben. 

Über die Folgen von Scheidungen auf Kinder und Jugendliche wurde in den letzten Jahren intensiv geforscht. Einen wertvollen Überblick gibt die Website «Neurologen und Psychiater im Netz», die von den Fachgesellschaften für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie unterhalten wird.

Die Folgen bei Kindern

Kinder reagieren unterschiedlich auf seelischen Schmerz (Angst, Schuldgefühle, Hilflosigkeit) wegen einer elterlichen Scheidung. Die Skala reicht vom zornig-protestierendem Nichtanerkennen des Zustandes bis hin zu passiv-resignierten Reaktionen. 

Einige entwickeln ein aggressives und asoziales Verhalten (Diebstahl, Prügeleien). Andere wiederum verfallen in übertriebene Clownerie oder altkluges und pseudo-erwachsenes Benehmen. Manche zeigen psychosomatische Reaktionen (Bauchschmerzen, Erbrechen, Kopfschmerzen oder Einnässen). All dies sind Abwehrversuche eines depressiven Erlebens. Pubertierende Knaben haben oft ein frühes Suchtverhalten (Rauchen, Alkohol), während sich Mädchen Selbstverletzungen zufügen (Schnitte oder Verbrennungen an den Armen oder im Intimbereich).

Oft teilt ein Elternteil den Frust über den Partner mit dem Kind und versucht, dieses auf seine Seite zu ziehen. Dann entwickeln Kinder das Gefühl, für Probleme der Eltern mitverantwortlich zu sein. Und zuletzt schliesslich fehlt – wennein Elternteil auszieht – dessen Geschlechtsrolle für die Kindesentwicklung. 

Scheidungsjugendliche

Anders als jüngere Kinder orientieren sich Jugendliche in ihren Aktivitäten stärker ausserhalb der Familie. Die wesentliche Auswirkung einer Scheidung auf dieser Altersstufe liegt im Verlust der Sicherheit und Halt gebenden Familienstruktur. Diese ermöglicht dem Jugendlichen ein Hin- und Herpendeln zwischen Unabhängigkeit und noch kindlicher Abhängigkeit. 

Manche Jugendliche versuchen das Miterleben des Scheiterns der Eltern durch Profilierung in ausserfamiliären Gruppen zu kompensieren: im Drang zu sportlichen Leistungen, aber auch in Kleinkriminalität (Einbrüche, Diebstähle, Strassenverkehr). Andere wiederum ziehen sich in sich selbst zurück, kapseln sich im Internet ab und meiden direkte Sozialkontakte zu Gleichaltrigen. Ein zerstörtes Vertrauen und fehlende Eigenständigkeit führen oft zur Unfähigkeit, dauerhafte und gleichwertige Beziehungen zu einem Partner aufzubauen. So zeigen Studien, dass Scheidungskinder überproportional wieder in zerrütteten Familienverhältnissen landen.

Zerbrochene Familien sind teuer

Das Scheidungsverfahren als solches ist schon teuer. Allein die Gerichtsgebühren kosten bei einer Kampfscheidung rund 10’000, bei einvernehmlichen Scheidungen 3’6000 Franken Grundgebühr. Noch viel höher jedoch sind die sozialen Kosten, die an die Gesellschaft ausgelagert werden. Hierzu gehören etwa die psychiatrische und psychologische Betreuung von Scheidungskindern, schulische Spezialbetreuung und manchmal jugendstrafrechtliche Schritte.

Alleinerziehende mit Kindern gehören zu den grössten Gruppen der Sozialhilfebezüger. Ihr Risiko, von Sozialhilfe abhängig zu werden, ist drei- bis fünfmal höher als jenes von Familien mit zwei Elternteilen. In Biel werden vier von zehn Ein-Eltern-Haushalten von der Sozialhilfe unterstützt. 2017 waren in unserem Land 800’000 Menschen – jeder zehnte Einwohner – auf Sozialhilfe (inkl. Alimentenbevorschussung, Wohnbeihilfen, Ergänzungsleistungen, usw.) angewiesen. Die Kosten beliefen sich auf 8,1 Mia.Franken. Mittlerweile gibt der Staat jeden vierten Franken für das Sozialwesen aus. Es ist wie ein Treufelskreis: Einerseits muss er immer mehr für Sozialleistungen aufwenden. Andererseits müssen immer höhere Steuern erhoben werden, um die Sozialausgaben überhaupt zu finanzieren. 

Staat kein Interesse

Erstaunlich ist, dass sich der Staat gleichzeitig kaum für die Scheidungskinder interessiert. Zwar gibt es zahllose staatsfinanzierte Organisationen – vom Verein «Kinderlobby» bis hin zur Stiftung «Kinderschutz Schweiz» – die sich angeblich um Kinderrechte kümmern. Bei genauerem Hinschauen handelt es sich eher um Gender-Oanisationen, die das «Kindswohl» nur insoweit interessiert, als es für feministisch-genderistische Anliegen instrumentalisiert werden kann. 

Kampfbegriff «Kindswohl»

Viel ist in unserem Land vom «Kindswohl» die Rede – und kaum je vom «Wohl der Scheidungskinder». Zudem wird der schönklingende Begriff «Kindswohl» oft im Interesse der Erwachsenen definiert – und das läuft dann den Interessen des Kindes meist diamentral entgegen.

Beispielsweise bei der Stiftung «Kinderschutz Schweiz» entwickelt ein professionelles Team von Erwachsenen Programme für Kinderrechte. Unter anderem erfahren Kinder dort, dass ihnen ihre Eltern sexuelle Beziehungen nicht verbieten dürfen. Generell wird beim «Kindswohl» ständig die Frühsexualisierung propagiert. Kinder hätten ein «Recht auf sexuelle Information». Basierend auf der These vom «Kind als sexuellem Wesen» wird der obligatorische Sexualkundeunterricht im Kindergarten vorangetrieben. Auch beimHomo-Adoptionsrecht wurde mit dem «Kindswohl» argumentiert: Wenn zwei Männer die leiblichen Kinder des Partners nicht adoptieren dürften, sei deren «Kindswohl» gefährdet.

Scheidungskinder endlich ernst nehmen!

Auf die Spitze getrieben wurde der Missbrauch des «Kindswohls» bei der Debatte zur Präimplantationsdiagnostik (PID). Damals meinte eine (freisinnige) Nationalrätin, das «Kindswohl» gebiete geradezu die PID. Damit könnten schwere Erbkrankheiten verhindert werden, was im Interesse des Kindes sei. Es sei besser, einen behinderten Embryo zu beseitigen, statt das Kind behindert zur Welt kommen zu lassen. Tötung zum eigenen Wohl – so die monströse Logik.

Statt das Kindswohl aus der Erwachsenenperspektive zu definieren müsste der Staat das Leiden der vielen Scheidungskinder endlich ernst nehmen. Statt ein feministisches Programm nach dem anderen aufzugleisen wäre der Gesundheit unserer Familien wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Ein Programm zur Scheidungsprävention wäre überaus sinnvoll.

Präventionsarbeit wichtig

Wie die 2019 erschienene Studievon Thurmaier/Hahlweg zeigt (Prevention of Divorce: Results of a 25-Year Follow-up Study) zeigt, gäbe es hierfür durchaus valable Ansätze. Auch Professor Guy Bodenmann vom Lehrstuhl für Klinische Psychologie der Uni Zürich und Dozentin Birgit Kollmeyer entwickeln seit Jahren Scheidungspräventionsprogramme mit Schwerpunkt Kinder/Jugendliche und Paare/Familien. 

Für uns als Christen gilt: «Siehe, Kinder sind eine Gabe des HERRN» (Psalm 127: 3-5). Es wäre schön, wenn sich auch der Staat wieder etwas mehr an diesem Leitspruch orientieren könnte – auch auf einer ganz säkularen Grundlage und im ureigensten Interesse. Gesunde Familien sind für unsere Zukunft nämlich entscheidend.                                                                                                                                            

Celsa Brunner

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