Mit über 4 Mia. Franken pro Jahr ist die Krankenkassenprämienverbilligung ein enormes Umverteilungsinstrument. Vieles funktioniert schlecht. Dies belegen die Zahlen des Bundesamts für Gesundheit (BAG).
Der erste problematische Trend ist die schleichende Verschiebung der Kosten zum Bund. Dieser gibt für die Prämienverbilligungen jedes Jahr mehr aus, die Kantone immer weniger. Grund hierfür ist ein Automatismus: Das Krankenversicherungsgesetz bestimmt, dass der Bund 7,5% der KVG-Bruttokosten für Prämienverbilligungen an Personen mit tiefen Einkommen zur Verfügung stellen muss. Weil die Gesundheitskosten stetig steigen, wächst der Bundesbeitrag mit: Von 2009 bis 2014 um 426 Mio auf 2,24 Mia. Franken.
Höhere Prämienverbilligungen für immer weniger Leute
Bei den Kantonen gibt es keine solchen Automatismen. Die Kantone können Prämienverbilligungen auch kürzen, was sie bei etlichen Sparpaketen auch getan haben. Zwar bleiben die kumulierten Ausgaben von Bund und Kantonen insgesamt etwa konstant. Weil gleichzeitig die Prämien und die durchschnittliche Prämienverbilligung aber laufend ansteigen, reicht das verfügbare Geld für immer weniger Leute. 2010 bekamen 2,315 Millionen Personen eine Prämienverbilligung, 2014 waren es nur noch 2,191 Millionen Bezüger.
Immer mehr für Sozialleistungsbezüger
Die Problematik wir durch einen weiteren Trend verstärkt: Ein immer grösserer Anteil der verfügbaren Mittel kommt Bezügern von Ergänzungsleistungen (EL) oder Sozialhilfe zugute. 2009 absorbierten diese Gruppen erst 39 Prozent aller Prämienverbilligungen, 2014 waren es bereits über 50 Prozent. Allein 2014 sind die Prämienverbilligungen für EL-Bezüger um 122 Mio. auf knapp 1,5 Mia. Franken gestiegen. In Tat und Wahrheit wäre der Anteil der EL-Bezüger sogar noch höher, denn Bern (zweitgrösster Kanton) weist seit 2012 nicht mehr alle Beiträge für EL- und Sozialhilfebezüger als Prämienverbilligungen aus.
Die beiden problematischen Trends führen zu einem Verdrängungseffekt. Die 367’000 EL-Bezüger erhalten einen ständig wachsenden Anteil des stagnierenden Prämienverbilli-gungskuchens, während für den unteren Mittelstand, der weder EL noch Sozialhilfe bezieht, immer weniger übrig bleibt.
EL-Bezüger doppelt bevorteilt
EL-Bezüger sind bei den Prämienverbilligungen zudem doppelt privilegiert. Erstens erhalten sie immer die ganze Prämie subventioniert und nicht nur einen Anteil, wie andere Bezugsberechtigte. Zweitens erhalten sie zwingend die kantonale Durchschnittsprämie – sogar wenn ihre effektive Prämie günstiger ist. In Extremfällen macht dies für EL-Bezüger einen Gewinn von über 2’000 Franken pro Jahr aus.
Derzeit bereitet das Departement Berset für das ganze EL-System eine grosse Reform vor. Deren Stossrichtung ist noch unbekannt.