Heiratsstrafe: Keine zweite Abstimmung

Der nachträgliche Rückzug der CVP-Volksinitiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» durch das Initiativkomitee war zulässig. Das Bundesgericht hat deshalb Klagen auf eine Wiederholung der aufgehobenen Abstimmung abgewiesen.

Ehepaare werden gegenüber den Konkubinatspaaren bei den direkten Bundessteuern massiv benachteiligt. Die CVP reichte deshalb 2014 eine Volksinitiative zur Beseitigung dieser Diskriminierung ein. Auch seitens unserer Arbeitsgruppe «Jugend und Familie» haben wir diese Initiative unterstützt.

Manipulierte Volksabstimmung

Leider wurde diese am 28. Februar 2016 mit 50,8% an der Urne knapp verworfen. Grund war, dass die Bundesverwaltung die Zahlen vorab schamlos manipuliert und behauptet hatte, bloss 80’000 – statt effektiv 454’000 – Doppelverdiener-Ehepaare seien gegenüber Konkubinatspaaren benachteiligt. Inklusive Rentner erhöht sich die Gesamtzahl gar auf 704’000 betroffene Ehepaare.

Wären die korrekten Zahlen bekannt gewesen, so wäre der Volksentscheid von 2016 anders ausgegangen. Das Bundesgericht hob deshalb die Abstimmung am 10. April 2019 auf – ein erstmaliger Vorgang in der Geschichte der Eidgenossenschaft. Offen blieb jedoch, ob der Abstimmungstext unverändert neu vorgelegt werden muss.

Schamloser Rückzug durch die CVP

Statt einer Wiederholung der manipulierten Abstimmung zog es die CVP jedoch vor, die Initiative zurückzuziehen. Der entsprechende Beschluss des Initiativkomitees erfolgte am 4. Februar 2020. Hauptgrund war, dass der vorgesehene Verfassungstext die Ehe als «auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau» definierte. Damit stand der Text quer zur «Ehe für alle», wo die CVP inzwischen einen radikalen Kurswechsel vorgenommen hat und diese – dem Zeitgeist folgend – mittlerweile befürwortet.

Wie viele andere war auch unsere Arbeitsgruppe «Jugend und Familie» enttäuscht von dieser 180-Grad-Kursänderung und fühlten uns hintergangen. Wir unterstützen deshalb eine Beschwerde von Human Life International Schweiz (HLI) vor Bundesgericht und forderten, dass die Initiative dem Volk unverändert zur Wiederholungsabstimmung vorgelegt werden muss. Eine rasche Wiederholung sei für die Wiederherstellung des Vertrauens in die Demokratie und zur Verhinderung einer Verschleppung unabdingbar. Das öffentliche Interesse der Stimmbürger müsse deshalb Vorrang vor den Interessen des Initiativkomitees haben, weshalb auch ein Rückzug der Initiative nicht zulässig sei.

Bundesgericht weist Beschwerde ab

In einem am 3. November 2020 publizierten Entscheid lehnte das Bundesgericht nun leider zwei entsprechende Beschwerden ab. Demnach kann eine Volksinitiative gemäss Bundesgesetz über die politischen Rechte vom Initiativkomitee zurückgezogen werden, bis der Bundesrat eine Volksabstimmung festsetzt. Dies gilt auch im Falle der Aufhebung einer Abstimmung – wie es bei der Heiratsinitiative ja nun zum ersten Mal geschehen ist.

Die Bundesverfassung sehe lediglich vor, dass kein Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das nicht dem freien Willen der Stimmberechtigten entspricht. Mit der Aufhebung der Abstimmung über die Heiratsstrafe sei das Bundesgericht diesem Verfassungsgrundsatz nachgekommen.

Die Abstimmungsfreiheit gebiete es jedoch nicht, dass die Abstimmung darüber hinaus wiederholt werden müsse. Dem Initiativkomitee stand es somit frei, die Initiative zurückzuziehen. Das Bundesgesetz über die politischen Rechte sehe nicht vor, dass ein solcher Rückzug begründet werden müsse.

                                                                       

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