In den westlichen Wohlstandsgesellschaften werden immer weniger Kinder geboren. Dies hat auch mit einem tiefen Verlust des Glaubens und des Wertbewusstseins zu tun. Eine grundlegende Umkehr wäre nötig.
Kinder sind für uns ein Geschenk Gottes. Sie bringen viel Freude, sind natürlich aber auch eine grosse Aufgabe und Verantwortung – geistlich wie wirtschaftlich.
Die auf der Ehe basierende Familie ist in unserem Verständnis der Ort, wo ein gemeinsames Wertbewusstsein gepflegt und an die nächste Generation weitergegeben wird. Sie ist der Ort, wo der christliche Glaube gelebt und wo gemeinsam gebetet wird. Und schliesslich ist die Familie ein Bereich der Geborgenheit, des Vertrauens und des Mittragens. Im täglichen Umgang werden Kinder sozialisiert und wachsen zu verantwortungsvollen Bürgerinnen und Bürgern heran.
Für uns ist deshalb die Familie der Baustein des Staates. In der Familie werden Werte wie Anstand und Ordnung, Zuverlässigkeit und Treue, Pünktlichkeit, Eigenververantwortung und Verbindlichkeit (ein «Ja sei ein Ja») erlernt und gepflegt. Von dieser grundlegenden Aufbauarbeit und der daraus entstehenden Bindungsbereitschaft heranwachsender Menschen zehrt später die gesamte Gesellschaft.
Für ideologiegetriebene Linke und Liberale gibt es demgegenüber nur das Individuum und den Staat. Wenn ein Mensch sich bindet, so hat dies aus unserer Sicht einen transzendentalen Bezug. Für Liberale ist es ein blosses Rechtsgeschäft. Linke und Liberale sehen deshalb in der Ehe auch keinen Bund vor Gott, sondern bestenfalls einen Vertrag auf Zeit. Zur Familie wird in diesem Weltbild, was sich vorübergehend aus demselben Kühlschrank ernährt.
Kinder als Geschenk und Aufgabe
Hinzu kommt, dass – angesichts von Karriere-Prioritisierung und zerrütteten Familienverhältnissen – immer mehr Erziehungsverantwortung an Schule und Staat ausgelagert wird. Der linke Staat umgekehrt ist nur allzu willig, immer tiefer in die elterliche Erziehungshoheit einzugreifen. 2023 stiegen die Eingriffe der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (Kesb) gegenüber dem Vorjahr um 5’516 auf 154’981 Fälle, wovon ein Drittel (49’132) Kinder betraf – ein Anstieg um 6,5%.
Aber nicht durch unmittelbare staatliche Interventionen wird der familiäre Freiraum zunehmend in Frage gestellt, sondern auch durch wachsende Belastungen (Steuern, Gebühren, Prämien). Ein grosser Teil der Freude, die Kinder ins Leben der Eltern und der ganzen Familie bringen, geht mit diesem negativen Druck verloren. Hinzu kommt, dass Kinder in der Konsumgesellschaft immer mehr als Teil individueller Selbstverwirklichung gelten – quasi ein Acssoire, das man eben hat oder nicht hat. Auch die zunehmende Akzeptanz der Abtreibung erleichtert es, Kinder lediglich als Teil des momentanen Lebensentwurfs wahrzunehmen.
Bevölkerungsschwund
Seit einiger Zeit machen zudem die «Antinatalisten» von sich reden. Dabei handelt es sich um junge Frauen, die vorab wegen des Klimawandels bewusst keine Kinder mehr wollen. Aus ihrer Sicht sind diese eine unerträgliche Umweltbelastung.
Dies ist jedoch grundfalsch. Beispielsweise in der Schweiz sank die Geburtenrate von 2,7 Kindern pro Mutter im Jahr 1964 auf noch 1,33 im 2023. Dabei handelt es sich um ein globales Phänomen. Gemäss UN-Weltbevölkerungsstatistik liegt die Geburtenrate in der Mehrzahl der Länder schon heute unter den 2,1 Kindern pro Mutter, die für eine Erneuerung der Generationen nötig wären. Der Kipppunkt wird voraussichtlich 2030 erreicht. Danach dauert es noch bis 2060, bis die Weltbevölkerung schrumpft, weil die geburtenschwachen Jahrgänge wiederum weniger Kinder haben. Nicht Überbevölkerung wird deshalb zum globalen Kollaps führen – auch wenn wir zur Umwelt natürlich Sorge tragen müssen. Im Gegenteil: Die Menschheit ist wahrscheinlich die einzige Spezies, die sich je bewusst selbst ausrottete.
Adoption statt Abtreibung!
Andere Antinatalisten sind militante Feministinnen. Im Unterschied zu den Umweltschützern sind sie ideologisch gegen Kinder. Für sie ist Mutterschaft generell Ausdruck einer patriarchalen Herrschaft und Unterdrückung der Frau. Besonders markant ist dies bei Feministinnen, die mit einem Knaben schwanger sind. Der Begriff «Gender Disappointment» umschreibt die damit verbundene Entwertung des männlichen Fötus. So werden Männern zugeschriebene Eigenschaften (stark, kontrolliert, rational, aggressiv) bereits auf das ungeborene Kind projiziert und als Stigmata eines unerwünschten, potenziell pathologischen Verhaltens angesehen. Sie gelten als Abweichung vom Normalen, die es zu beseitigen gilt.
Viele Frauen können keine Kinder haben und leiden darunter sehr. Adoptionen könnten solchen Paaren helfen. Der Staat jedoch tut fast alles, um Adoptionen zu erschweren und Abtreibungen (als «reproduktive Gesundheitsversorgung») zu erleichtern. So werden jedes Jahr nur rund zwanzig in der Schweiz geborene Kinder zur Adoption freigegeben – bei 11’000 Abtreibungen!
Innerliche Vereinsamung
Die durch Abtreibungen und Verhütung schwindende Kinderzahl prägt die westlichen Wohlstandsgesellschaften. Anstelle von Kindern halten sich bewusst kinderlose Frauen oft Haustiere, wofür in den USA der Begriff «Childless Cat Lady» verwendet wird. Meist geht Kinderlosigkeit jedoch Hand in Hand mit der traurigen Vereinsamung eines Menschen inmitten der Massengesellschaft.
Während der linksliberale Individualismus seine Spassgesellschaft feiert, haben gewollte Kinderlosigkeit und Geburtenschwund schwerwiegende soziale Folgen. Wenn (aus Karriereüberlegungen) immer weniger Frauen Kinder haben, so gibt es immer mehr alleinstehende Menschen, die zudem immer älter werden. Die Generationensolidarität wird strapaziert, weil Junge immer mehr Renten der Älteren schultern müssen. Eine forcierte Masseneinwanderung hilft nicht, sondern verschärft bloss die kulturellen Gegensätze.
Äussere Überreizung und innere Leere
So stehen wir vor der absurden Tatsache, dass mit der hochtechnisierten Konsumgesellschaft und ihrer vielgepriesenen Individualität immer mehr Einsamkeit entsteht. Nicht zuletzt der technische Fortschritt und künstliche Intelligenz werden manche erfüllende und kreative menschliche Tätigkeit ersetzen.
Die Elektronikindustrie überflutet bereits heute die Jugendlichen, sodass an Schulen Handy- und Tabletverbote diskutiert werden. Mit äusseren Reizen – bis hin zur allgegenwärtigen Pornografie – will die Unterhaltungsindustrie die entstandene Leere füllen. Trotz enormer Zunahme des Angebots wächst jedoch die innere Verlorenheit, denn sinnstiftend ist das Angebotene meist nicht.
Rückbesinnung
Als Teil der natürlichen Schöpfungsordnung ist der Mensch darauf angelegt, sein Dasein auf den Glauben und auf Gott auszurichten. Vor einigen Tagen haben wir Weihnachten gefeiert – das Fest der Geburt unseres Herrn und Erlösers. Die Bibel sagt uns: «Sosehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.» (Joh 3,16) Und dem Nikodemus sagte Jesus: «Wer durch Gottes Geist geboren wird, bekommt neues Leben. … Wer die Wahrheit Gottes liebt und das tut, was er will, der tritt ins Licht!»
Für jeden von uns und für unsere Familien bedeutet dies, unser Leben immer wieder ganz im Glauben auszurichten. Gerade der Jahresbeginn kann der richtige Moment für ein Innehalten und eine persönliche Standortbestimmung sein.
Celsa Brunner