Abtreibungsvorstoss im Parlament

In der Schweiz ist das Recht auf Abtreibung seit 2002 im Strafgesetzbuch geregelt, als die sogenannte Fristenregelung eingeführt wurde: Ein Schwangerschaftsabbruch ist in den ersten 12 Wochen straffrei, «wenn die Frau schriftlich darum ersucht und geltend macht, dass sie sich in einer Notlage befindet». Nach Ablauf dieser Frist muss die Ärztin oder der Arzt «eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit der schwangeren Frau» nachweisen. In der Praxis ist dies reine Routine.

Allerdings entspricht dies nicht den Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die im letzten Jahr aktualisiert wurden und eine vollständige Entkriminalisierung der Abtreibung verlangen, d.h. die Streichung aller diesbezüglichen Strafrechtsvorschriften. Die WHO rät zudem, jede Beschränkung des Zeitpunkts einer Abtreibung aufzuheben.

Die vier Parlamentarierinnen Susanne Vincenz-Stauffacher (FDP/SG), Min Li Marti (SP/ZH), Léonore Porchet (Grüne/VD) und Melanie Mettler (GLP/BE) haben deshalb im Parlament Vorstösse eingereicht, die geltende Schweizer Regelung des Schwangerschaftsabbruchs durch den Bundesrat prüfen zu lassen. Die Arbeiten für einen bundesrätlichen Bericht im Blick auf eine völlige Entkriminalisierung laufen. Der Vorgang ist ein Beispiel für die weitreichenden Auswirkungen von WHO-«Empfehlungen» als vermeintlich «unverbindliches Soft Law».

   (NZZ)

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