Pandemieabkommen: Die WHO-Kollaborateure

Der Sommer fiel dieses Jahr nicht ganz unbeschwert aus. Jene Kräfte, die unter Berufung auf die Gesundheit die staatlichen Eingriffe in die individuelle Privatsphäre ausbauen möchten, lassen nicht locker. Eine unheimliche Rolle spielt dabei das berüchtigte Bundesamt für Gesundheit (BAG), das sich – ähnlich dem Bundesamt für Justiz – immer mehr zum Selbstläufer entwickelt.

Pandemieabkommen:

So fand am 16./17. Juli online eine Sitzung des zwischenstaatlichen WHO-Verhandlungsgremiums (Intergovernmental Negotiation Body, INB) zum Pandemievertrag statt. Die Verhandlungen sollen nun doch möglichst bald, d.h. bis spätestens 15. November abgeschlossen werden. Für Mitte Dezember 2024 ist eine ausserordentliche Weltgesundheitsversammlung zur Verabschiedung geplant. Eine kleine Verbesserung am Vertragsentwurf hat sich insoweit ergeben, als Vorbehalte nun nicht mehr grundsätzlich ausgeschlossen sind (Art. 27).

Der Nationalrat hat am 17. April 2024 mit 116 zu 69 Stimmen eine Motion der SVP-Fraktion angenommen (Motion 22.3546: «Kein WHO-Abkommen ohne parlamentarische Genehmigung»). Sie verlangt, «ein allfälliges WHO-Übereinkommen oder ein von der WHO ausgearbeitetes Instrument, welches durch Soft Law zu einem späteren Zeitpunkt eine Verbindlichkeit für die Schweiz zur Folge haben könnte, zwingend dem Parlament zu unterbreiten». SP, Grüne und Grünliberale stimmten geschlossen gegen die Motion, die bürgerlichen Parteien fast geschlossen dafür. Die Sache liegt jetzt beim Ständerat.

Vor allem das BAG möchte natürlich eine Parlamentsdebatte über alle WHO-Rechtsinstrumente um jeden Preis verhindern. Bundesrätin Baume-Schneider drückte sich am 17. April um eine klare Antwort: Falls sich aus dem Vertrag «grundsätzliche Aspekte politischer Art oder Gesetzesänderungen» ergäben, so werde der Vertrag dem Parlament vorgelegt. Aber falls es sich um Elemente handle, über die bereits ausreichende Hinweise und Transparenz bestünden, so erübrige sich eine Unterbreitung ans Parlament. («Mais s’il s’agit d’éléments sur lesquels on a des indications et dont on peut parler en toute transparence, il n’y a pas de nécessité de le soumettre au Parlement.»)

Internationale Gesundheitsvorschriften (IGV):

Auch auf der zweiten Schiene laufen die Umtriebe weiter – und sie sind noch gefährlicher. An der ordentlichen Weltgesundheitsversammlung vom 27. Mai – 1. Juni 2024 wurden bekanntlich umfassende Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften gutgeheissen. Sollten diese in der Schweiz in Kraft treten, so hätten sie weitreichende Auswirkungen auf die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.

Hierzu gehören: Informationskontrolle im Epidemiefall (Zensur); Überwachung und Digitalisierung; obligatorische Test- und Impfzertifikate; Impfzwang; Quarantäne und Isolation.

Von grösster Brisanz ist dabei, dass von der WHO beschlossene IGV-Änderungen für die Schweiz – ohne Einbezug der Bundesversammlung – automatisch in Kraft treten, wenn der Bundesrat nicht gemäss Artikel 59 IGV bis März 2025 beim WHO-Sekretariat Widerspruch einlegt (sog. Opting-out). Das Parlament müsste den Bundesrat auffordern, diesen Widerspruch fristgerecht auszuüben. Demgegenüber werkeln die Staatsangestellten im BAG bereits eifrig an der innerstaatlichen Umsetzung.

Das «Aktionsbündnis Freie Schweiz» (ABF, www.abfschweiz.ch) hat eine Petition ans Parlament lanciert, worin es vom Bundesrat ein Opting-out verlangt. Auch will das ABF, dass die IGV-Änderungen dem normalen Genehmigungsprozess für völkerrechtliche Verträge unterworfen und somit dem Parlament vorgelegt werden. Die Lust hierfür dürfte beim Bundesrat allerdings gering sein.

Revision des Epidemiengesetzes (EpG)

Wie in unserem Rundbrief berichtet, hat der Bundesrat eine Teilrevision des EpG in die Vernehmlassung gegeben, welche bis 22. März 2024 lief und an der auch wir uns beteiligten. Im Unterschied zu früher werden die Vernehmlassungsergebnisse jedoch vom BAG strikt unter Verschluss gehalten – wohl nicht zuletzt vor dem Hintergrund der WHO-Verhandlungen. Die BAG-Website verweist auf die Bundeskanzlei und die Bundeskanzlei-Website umgekehrt auf das BAG. Intransparenter geht es nicht.

Die Überweisung der EpG-Vorlage ans Parlament ist für 2025 geplant, d.h. nach Ablauf der Frist für ein Opting-out bei den IGV.

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