Die Ideologie des Genderismus setzt sich in abgehobenen wissenschaftlich-soziologischen Zirkeln immer stärker durch. Mittlerweile werden die ideologischen Vorgaben von der Politik und den Behörden übernommen.
Seit 1. Januar 2022 können Schweizerinnen und Schweizer über 16 Jahren ihr Geschlecht frei neu wählen. Sie müssen lediglich darlegen, «innerlich fest davon überzeugt» zu sein, ihr biologisches Geschlecht entspreche nicht der eigenen Wahrnehmung. Der Registereintrag kostet 75 Franken. Medizinische Atteste, dass man sich körperlich dem neuen Geschlecht annähern will, braucht es nicht. Im Gegenteil: Das Verlangen weiterer Nachweise zur Glaubhaftmachung ist in der Zivilstandverordnung explizit ausgeschlossen (Art.14b Abs.1 ZStV).
Gleichzeitig Verbot von Konversionstherapien
Die Situation ist absurd: Während nun transsexuelle Männer und Frauen durch blosse Erklärung ihr rechtliches Geschlecht ändern lassen können, sollen andererseits medizinische Therapien für Homosexuelle (Konversionstherapien) verboten werden – selbst wenn sich diese eine solche wünschen. Sie müssten künftig hierfür ins Ausland reisen.
Der Basler Grosse Rat sprach sich bereits im Mai 2021 für ein Verbot von Konversionstherapien aus. Auch in Genf muss die Regierung ein Gesetz ausarbeiten. Und auf nationaler Ebene reichten am 30. September 2021 die Nationalräte Sarah Wyss (SP/BS) und Angelo Barrile (SP/ZH) zwei Parlamentarische Initiativen (Nr. 21.496 und 21.497) mit gleicher Stossrichtung ein. Aus linker Sicht ist offenbar völlig unvorstellbar, dass sich Homosexuelle zu Heterosexuellen wandeln möchten. Anders als Transsexuelle sind sie zur ewigen Homosexualität verdammt.
Praktische Auswirkungen
Die einfach zu vollziehende Geschlechtsänderung im Zivilstandregister hat weitreichende Auswirkungen – etwa für die Militärpflicht, beim AHV-Bezugsalter und im Strafvollzug. Auch im Sport ärgern sich viele, wenn ein Mann plötzlich unter Frauen antreten darf, bloss weil er sich Frau deklariert.
Das Problem wird dadurch verschärft, dass ein Rückwechsel zur früheren Geschlechtsidentität jederzeit zulässig ist. In der Web-Community werden die Möglichkeiten bereits eifrig diskutiert: Auf Facebook stellt ein männlicher User die Frage, ob er sich «zur Frau umtragen» lassen könne, um so von Militärdienst und Wehrpflichtersatzabgabe wegzukommen: «Mit 30 dann wieder zurück und man hat nur 150.- bezahlt und Tausende Franken gespart». Auch die Pensionierung wird diskutiert: «Man kann sich vor dem Pensionsalter umtragen lassen und ein Jahr früher die AHV erhalten.»
Das ist tatsächlich möglich: «Ein alleinstehender Mann, der sich zur Frau erklärt, kann bereits mit 64 Jahren eine AHV-Rente beziehen», sagt Michel Montini vom Bundesamt für Justiz. Eine Grenze liegt bei «offensichtlichem Missbrauch oder Betrug», was kaum nachweisbar ist. Auch prüfen die Zivilstandbeamte die «innerliche feste Überzeugung» nicht näher, sondern stellen einfach auf die Erklärung ab.
Abschied vom binären System?
Die Geschlechtsänderung im Personenstandsregister hat keine Auswirkungen auf bestehende familienrechtliche Beziehungen (Ehe, eingetragene Partnerschaft, Verwandtschaft und Abstammung). Auch an der binären Geschlechterordnung (männlich/weiblich) ändert sich vorerst nichts: Eingetragen wird nur das männliche oder weibliche Geschlecht.
Die Einführung einer dritten Geschlechtskategorie oder der gänzliche Verzicht auf den Geschlechtseintrag ist allerdings Gegenstand eines Berichts, den der Bundesrat derzeit aufgrund von Postulaten (Nr.17.4121 und 17.4185) der Nationalrätinnen Sibel Arslan (Grüne/BS) und Rebecca Ruiz (SP/VD) gegenwärtig erarbeitet.
Durchbruch des Genderismus
Bereits die einfache Änderung des Geschlechtseintrags für Transsexuelle ist ein grosser Umbruch. Erstmals wird damit im Schweizer Recht der Genderismus umgesetzt, wonach das Geschlecht keine biologische Gegebenheit, sondern bloss ein soziales Konstrukt und deshalb frei wählbar sei.
Die Einführung eines dritten Geschlechts wäre noch schwerwiegender. Dieses würde nämlich nicht nur Intersexuelle umfassen (Zwitter oder Hermaphroditen). Vielmehr könnte sich jeder, der sich in der binären Mann-Frau-Ordnung «unwohl» fühlt, amtlich als «Divers» eintragen lassen. Die genderistische Vielfalt ist riesig: So gibt es Polygender (zwei oder mehrere Geschlechter), die Genderfluiden (zwischen Geschlechtern wechselnd), die Pangender (die sich mit allen Geschlechtsidentitäten identifizieren) oder die geschlechtsneutralen Agender – um nur wenige Beispiele zu nennen.
Zahlreiche Fragen
Die Absurditäten des Genderismus werden offensichtlich: Wo würden die «Diversen» in den Geschlechterkategorien figurieren? Was gilt beim Abstammungsrecht, das vom Konzept von Vater und Mutter ausgeht? Wie wäre eine drittgeschlechtliche Person zu bezeichnen, die ein Kind gebärt? Man müsste die nichtbinären «Diversen» wohl als vollwertige Kategorie neben Mann und Frau setzen, um sich nicht dem Vorwurf der Geschlechterdiskriminierung auszusetzen.
Auch sprachlich müsste man vieles ändern, wie etwa das Pronomen für Nichtbinäre (es?). Die «Mutter» gäbe es nicht mehr, sondern nur noch die «gebärende Person». In Grossbritannien ist bereits heute von «Menschenmilch» statt Muttermilch die Rede, um transsexuelle Männer mit Babys nicht auszuschliessen.
Genderismus contra Feminismus
Interessanterweise ist inzwischen eine heftige Auseinandersetzung zwischen Genderistinnen und Feministinnen entbrannt. Letztere sehen den Genderismus als Bedrohung der feministischen Errungenschaften. Bekannte Exponentin dieser Position ist die Autorin J. K. Rowling (Harry Potter), die in eine hasserfüllte Transgender-Debatte geriet. Sie hatte die Formulierung «Menschen, die menstruieren» statt «Frauen» kritisiert und wurde dafür als «transphob» attackiert. Tatsächlich fragt es sich, wo Frauenquoten und andere Schutzprivilegien bleiben, wenn plötzlich eine Gruppe von «Diversen» auftaucht. Wenn die Gender-Identität dem biologischen Geschlecht übergeordnet wird, so hätten Frauen als physisch schwächeres Geschlecht in vielen Situationen Probleme – etwa in Gefängnissen, bei Vergewaltigungsfällen oder beim Sport. Zudem dürfte nicht jede Frau von der Aussicht begeistert sein, für sie reservierte Toiletten, Garderoben, Saunen, Spitalzimmer und anderes plötzlich mit Männern teilen zu müssen, die sich entweder zur Frau erklärt haben oder als «Divers» beurteilt werden wollen. Um die Frauenrechte zu schützen, müsste das biologische Geschlecht Vorrang vor dem vermeintlichen soziologischen Geschlecht haben. Genderismus hin oder her.
Celsa Brunner
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Begriffsklärungen:
Als Intersexualität (auch Zwitter oder Hermaphroditen) bezeichnet die Medizin eine klinisch unklare Geschlechtszuordnung, wie etwa Abweichungen der Geschlechtschromosomen oder genetisch-hormonelle und gonodale Entwicklungsstörungen. Intersexualität gilt gemäss WHO-Klassifikation der Krankheiten vom 1. Januar 2022 (ICD-11) als «Störung der Geschlechtsentwicklung». Sie umfasst auch Fälle, die erst nach der Geburt in Erscheinung treten (z.B. nach Unfällen).
Transsexualität oder Transgender bezeichnet demgegenüber eine Situation, in der eine Person zwar biologisch klar einem bestimmten Geschlecht (Mann oder Frau) zugeteilt werden kann, sich diesem jedoch nicht zugehörig fühlt. Im ICD-11 wird Transsexualität nicht mehr als psychiatrische Diagnose aufgeführt. Trans-Sein gilt damit – im Unterschied zur Intersexualität – als medizinisch normal. Unter Jugendlichen im Pubertätsalter ist ein rapider Anstieg von Transgender zu beobachten, vorab bei Mädchen. Nicht selten treten Fälle an einzelnen Schulen gehäuft auf, was auf eine soziale Dynamik schliessen lässt («Transtrender»). Auf die Ärzte wächst der Druck zur Einleitung hormoneller Geschlechtsumwandlungen.
Trans Exclusive Radical Feminists (TERF) ist eine Hassumschreibung gegen Feministinnen, die sich kritisch zur Gender-Ideologie äussern.
Cisgender (Cis-Mann oder Cis-Frau) schliesslich bezeichnet die überwältigende Mehrheit von Personen, deren gefühlte Geschlechtsidentität mit dem im Geburtsregister eingetragenen Geschlecht übereinstimmt.